POLITIK I Schauplatz Indo-Pazifik

Es ist schon erstaunlich, mit welcher Geschwindigkeit eine Region ins Blickfeld der Weltöffentlichkeit rückt, die es dem Namen nach bis vor zwei, drei Jahren noch gar nicht gab: der Indo-Pazifik. Er umfasst den gesamten asiatischen und ozeanischen Raum. Er wird zunehmend zu einem Schauplatz eines neuen Kalten Krieges und Wettrüstens. Die vergangenen Tage lieferten dafür einiges Beweismaterial. Da war zunächst am 15. September die überraschende Ankündigung der drei Staaten Australien, Großbritannien und der USA, dass sie militärisch in der Region zusammenarbeiten wollen. Sie gaben dem Bündnis nach den Anfangsbuchstaben ihrer Nationen den Namen AUKUS.  Zunächst wichtigster Punkt des Dreierpakts: Australien mit amerikanischen U-Booten zu versorgen. Neun Tage später trafen sich die vier Regierungschefs der Quad-Staaten Australien, Indien, Japan und der USA in Washington (Quad ist das Kürzel für Quadrilateral Security Dialogue). Es war ein historisches Treffen, denn zum ersten Mal trafen sich die Vier in personae, nachdem sie zuvor Corona-bedingt nur per Video miteinander kommuniziert hatten. In den offiziellen Communiqués, sowohl nach dem Quad-Meeting als auch bei der Aukus-Gründung, wurde China nicht erwähnt, aber China war – wie es so schön heißt – the elephant in the room. Michael Schaefer, ehemaliger Diplomat und Botschafter in Beijing, schrieb ganz undiplomatisch im „Hauptstadtbrief“ vom 25. September, um was es wirklich geht: „Es geht um eine neue Form der Eindämmung einer aufstrebenden Großmacht, ein militärisches und technologisches Containment Chinas. Bei AUKUS geht es Washington um Machtprojektion im Pazifik, um eine geostrategische Weichenstellung zu Lasten des Gegenspielers China.“ Entsprechend gereizt reagiert China, das sich umzingelt fühlt. Aber auch die südostasiatischen Staaten fühlen sich herausgefordert, denn sie liegen inmitten dieses potentiellen Kriegsgebietes. Am deutlichsten hat sich Indonesien gegen diese US-geführten Bündnisse positioniert. Dass australische Atom-U-Boote durch ihre Gewässer pflügen, bereitet Jakarta Unwohlsein. Auch Malaysia äußert Bedenken. Vietnam – heftig vom ehemaligen Kriegsgegner USA hofiert – schwankt noch. Die Philippinen hingegen begrüßten die Aktivitäten der USA. Aber diese hinterlassen ein gespaltenes Südostasien, deren zehn Staaten sich einst zu Asean (Association of Southeast Asian Nations) zusammengeschlossen haben. Für die Staaten dieser Region ist plötzlich eingetreten, was sie tunlichst vermeiden wollten: Sie müssen sich plötzlich entscheiden, auf welche Seite sie sich schlagen. Aber auch die EU will und muss sich positionieren. Sie tat dies mit einem neuen Strategiepapier, das die EU-Kommission am 16. September in Brüssel veröffentlichte und darin „intends to increase its engagement with the region“. In dem 18-Seiten-Papier wird eine Partnerschaft „with alle relevant actors in the Indo-Pacific“ angestrebt – auch mit China. Insofern ist das Papier nicht so konfrontativ wie der Ansatz der USA. Aber die EU spielt nur eine Statistenrolle in diesen indo-pazifischen Machtspielchen. Just als der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell die neue Strategie verkündete, wurde er von der AUKUS-Initiative überrascht. Er musste zugeben, dass er davon nichts wusste. Selten war die europäische Ohnmacht so deutlich.

Info:

Hier das Statement der drei Regierungschef anlässlich der Gründung von Aukus:

https://www.whitehouse.gov/briefing-room/statements-releases/2021/09/15/joint-leaders-statement-on-aukus/ Das Quad-Statement nach dem Treffen in Washington: https://www.whitehouse.gov/briefing-room/statements-releases/2021/09/24/quad-principles-on-technology-design-development-governance-and-use/ Und hier die neuen Leitlinien der EU zur Indo-Pazifik-Region:

https://eeas.europa.eu/sites/default/files/jointcommunication_2021_24_1_en.pdf

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