POLITIK I China und Wahlkampf

Das erste Triell zwischen den drei Kandidaten Baerbock, Laschet und Scholz fand am 29. August bei RTL/n-tv statt. Außenpolitisch wurde nur über Afghanistan und die Folgen diskutiert. China fand nicht statt.  +++ Zwei Tage später meldete sich Günther Oettinger (CDU) bei Steingarts Morning Brief (31. 8.) zu Wort und benutzte gewohnt klare Worte: „Deutschland und Europa sind Absteiger – im Vergleich zu China und den USA“. Wie seien selbstzufrieden. Aber: „Wir sind nicht mehr im Schlaraffenland“. In immer mehr Technologien seien wir nicht mehr die Pioniere, sondern China und die USA. Drei Punkte: mehr Forschung und Innovationen, Weiterbildung, mehr Arbeiten. +++ War das Triell ein Abfragen, so war das Duell Markus Söder – Robert Habeck bei Spiegel/T-Online/Vice (28. August) schon eher ein Schlagabtausch. Dort ging es gleich zu Beginn um Außenpolitik. Habeck gestand angesichts der Afghanistan-Pleite ein, dass „die Ideologie einer unilateralen Welt nicht funktioniert hat“. Er plädierte deshalb für einen wertegeleiteten Realismus in der Außenpolitik. Söder: „Wertegeleiteter Realismus klingt ganz gut.“ Aber: „Wir müssen die Welt sehen, wie sie ist.“ Das klang sehr realistisch. +++ In der Wahlkampfarena der ARD trat erst Annalena Baerbock (6. 9.) auf. Außenpolitische Fragen kamen dort kaum. Sie sagte lediglich: „Die zurückhaltende und sich raushaltende Außenpolitik müssen wir ändern.” Sie sprach sich – wie schon häufig zuvor- für eine aktive europäische Außenpolitik aus, zumal „andere Akteure wie Russland und China in unserer Nachbarschaft aktiv geworden sind.“ China-Table gab sie später ein schriftliches Interview. Überschrift: “China muss hoch auf der politischen Agenda stehen.” Eine zeitgemäße Handelspolitik kann ihrer Meinung nach nicht von der Frage der Menschenrechte entkoppelt werden. Aber immerhin: “Im Kampf gegen die Klimakrise führt kein Weg an einer Kooperation mit China vorbei.” +++ Einen Tag nach Baerbock trat Olaf Scholz in der ARD-Wahlkampfarena in Lübeck auf. Er bekam keine außenpolitische Frage aus dem Publikum gestellt. So bleibt relativ rätselhaft, wie Scholz zu China steht. Noah Barkin (German Marshall Fund) versucht in seinem aktuellen Blog “Watching China in Europe” das Rätsel etwas zu lösen., was ihm aber auch nicht richtig gelingt. Er schreibt: „Scholz has studiously avoided taking a clear position on some of the biggest China-related questions in recent years. “ Und: “It is difficult to imagine him steering Berlin in a tougher rhetorical direction with China if he becomes chancellor.” Deutlicher äußert sich hingegen Nils Schmid, der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion. In einem Interview mit China-Table (9. 9.) spricht er von „der überholten China-Politik Merkels“.  Das Prinzip Handel durch Wandel sei gescheitert. Deshalb kündigte Schmid an: „Vor allem werden wir nicht nur Dialog und Handel im Blick haben, sondern dort, wo es notwendig ist, auch dagegenhalten.“ +++ In der hitzigen Bundestagsdebatte am 7. 9. forderte Armin Laschet eine „Klima-Außenpolitik“. Er sagte: “Wir werden diese große Aufgabe nur bewältigen als globale Aufgabe”. Man werde deshalb auch mit Ländern wie China und Russland reden müssen. +++ +++  Christian Lindner (FDP) will zwar auch mit China reden, aber härter. In einem Interview mit der Deutschen Welle (2. 9.) kündigt er eine Änderung der Politik gegenüber China an, sollte die FDP an der Regierung beteiligt sein. Eine künftige Politik gegenüber China müsse “entschlossener und weniger samtpfötig sein als das, was wir in den vergangenen Jahren von Frau Merkel und ihren Regierungen erlebt haben.” Das Ende 2020 vereinbarte Investitionsabkommen solle so nicht ratifiziert werden. Lindner: “Ein Staat wie die Volksrepublik China, der das Völkerrecht bricht, der bei den Menschenrechten nicht den Mindeststandards genügt, die wir haben müssen, der übrigens auch im Welthandel geradezu imperial mit Dumping auftritt, mit einem solchen Staat sollte es kein ‘Weiter so’ geben.” +++ Gregor Gysi, außenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, plädierte in einem Deutschlandfunk-Interview (7.9.) für einen intensiveren Dialog mit Russland und China. Mit einem solchen Ansatz könne man auch Änderungen in diesen Ländern erreichen. Mit einer Politik der Konfrontation und Sanktionen dagegen erreiche man nur, dass diese Länder sich weiter abschotteten. Damit zwinge man sie letztlich zu einem gemeinsamen Bündnis, das es zu verhindern gelte, meinte Gysi.

Info:

Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) hat die außenpolitischen Passagen in den Wahlprogrammen der verschiedenen Parteien in folgender Synopse verglichen:

https://dgap.org/de/forschung/publikationen/wahlprogramme-im-vergleich?utm_medium=email&utm_campaign=DGAP%20Newsletter%2009092021&utm_content=DGAP%20Newsletter%2009092021+CID_9735fd10c2f791bca96e36cf00f5af62&utm_source=DGAP%20Newsletter&utm_term=DGAP-Wahlprogrammvergleich

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