Chinas Diplomaten, aber auch viele Chinese ohne Amt und Würden kritisieren gerne und häufig, dass ihr Land in den westlichen Medien schlecht dargestellt wird. Schuld seien die bösen Journalisten, die vorurteilsbeladen nur negativ über China schreiben würden und oft wenig Ahnung von Kultur, Land und Leuten hätten. Dem vermeintlichen Defizit könnte man auf chinesischer Seite freilich abhelfen, indem man mehr von diesen ach so kritischen Geistern ins Land ließe – als Korrespondent oder auch nur temporär. Denn wir müssen mehr über China wissen. Wir brauchen deshalb mehr China-Expertise unter den Journalisten. Es gab für sie mal ein tolles Austauschprogramm. Es nannte sich Medienbotschafter China-Deutschland. Viele Teilnehmer wurden später Korrespondenten. Gefördert und finanziert wurde das Programm von der Robert Bosch Stiftung. Doch 2016 wurde der Journalistenaustausch gekappt. Eine fragwürdige Entscheidung fand ich damals und heute, wo China noch viel wichtiger ist, erst recht. Ja, China ist ein schwieriger Partner für solche Programme, und ja, es gab Probleme. Immer weniger deutsche Redaktionen waren gewillt, einen Kollegen für drei Monate zu entbehren. Und auch in China wurde es immer schwieriger, Partnerredaktionen zu finden. Aber bei gutem Willen wären diese Probleme lösbar. Wir benötigen dringend die Neuauflage eines journalistischen Austauschprogramms. Die Robert Bosch Stiftung ist im Rahmen ihrer Neu-Orientierung leider aus all ihren bilateralen Projekten ausgestiegen und fällt deshalb als alter, neuer Finanzier aus. Zudem haben auch die anderen Stiftungen wie BMW, Bertelsmann oder Körber ihr China-Engagement reduziert. Ein bequemer, aber ein falscher Weg.
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Kurz vor Fertigstellung dieser Ausgabe erreichte mich noch die Nachricht, dass der Würzburger Professor Björn Alpermann ein Buch über das nicht nur hierzulande heiß diskutierte Thema Xinjiang veröffentlicht hat. Es heißt “Xinjiang – China und die Uiguren”. Es ist eine Open-Access-Veröffentlichung, also umsonst bei Würzburg University Press abrufbar. Ich finde nach erstem Überfliegen: Ein notwendiger und überfälliger Beitrag zur Versachlichung der Uiguren-Diskussion.
Wolfgang Hirn