ARTIKEL I Langfrist-Planung

Ich gebe zu, dass ich die Chinesen oft wegen ihres langfristigen Denkens bewundert und gelobt habe. Aber nun kommt Michael Schumann daher und schreibt in einem Essay für “The Atlantic”: „The country is often portrayed as a master of long-term thinking. It´s not that simple.“ Eine solche These gegen den Strich reizt zum Lesen. Bislang dachten Chinesen und Westler in unterschiedlichen Zeithorizonten: Während im Westen die Politiker in kurzen Legislaturperioden und die Manager gar nur in Quartalen planten und rechneten, hatten die chinesischen Machthaber ihre Fünf-Jahrespläne und Programme, die teilweise bis zum Jahr 2049 (dem 100. Geburtstag der Volksrepublik) reichten. Diese langfristige Planung soll signalisieren: Wir haben alles im Blick und alles im Griff. Von wegen, sagt Schumann, und nennt als Beispiel für das Versagen der chinesischen Planer das „demographic desaster“. China entwickle sich zu einer „super-aged society“, in der um 2050 jeder Dritte über 60 Jahre alt sein wird. Das sind alles bekannte Entwicklungen, die schon seit Jahren bekannt sind. Aber wie stemmt sich die Regierung/Partei dagegen? Mit halbherzigen und viel zu späten Beschlüssen wie jüngst die Drei-Kind-Politik. Schumann sieht in der Bevölkerungspolitik denn auch ein schlechtes Beispiel chinesischer Planbarkeit: „The population problem ist probably the most damaging example of policy paralysis.“  Zur Häme oder Schadenfreude besteht freilich kein Anlass, denn auch die Politiker hierzulande stehen rat- und planlos vor dem Problem einer vergreisenden Gesellschaft.

 

Info:

https://www.theatlantic.com/international/archive/2021/07/china-communists-demographics/619312/

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