WIRTSCHAFT I Batterien: Laden oder Tauschen?

Elektroautos sind weltweit auf der Überholspur. Sie sollen in den nächsten Jahren die „Verbrenner“ verdrängen. Darüber sind sich alle Auto-Nationen einig. Nicht einig sind sie sich dagegen, wie sie den alltäglichen Umgang mit den Batterien der E-Autos organisieren sollen. Die entscheidende Frage lautet: Laden oder Tauschen? Die Antwort spaltet die Autowelt. China setzt zunehmend aufs Tauschen, der Rest der Welt aufs Laden. Das Modell in China heißt „Battery as a Service“ (BaaS). Man kauft das Auto, aber ohne die Batterie – diese wird nur geleast. Der chinesische Autobauer NIO hat dieses Modell bereits im August 2020 gestartet. Wer sich dafür entscheidet, bekommt einen Preisnachlass von 70 000 Yuan. Für die Batterie muss er eine monatliche Leasing-Rate von 980 Yuan bezahlen. In China gibt es immer mehr Autohersteller, die dieses Modell bevorzugen. Allen voran die privaten Autofirmen NIO und Geely, aber auch die staatlichen Konzerne SAIC, BAIC und nun auch GAIC. Der Gesetzgeber setzt den rechtlichen Rahmen. Soeben wurden von der State Administration for Market Regulation (SAMR) einheitliche Regeln verabschiedet. Ab dem 1. November gilt der „National Standard for Battery Swap Safety Requirements for Electric Vehicles”.  Die Regierung pusht seit 2020 den Wechsel.  Xin Guobin, Vizeminister des Ministry of Industry and Information Technology (MIIT), nannte auf einer Konferenz im vergangenen Jahr mehrere Gründe, die für den Batteriewechsel sprechen: Erstens seien die Anschaffungskosten für ein Auto niedriger, wenn man die teure Batterie nicht bezahlen muss. Bei NIO sind es zum Beispiel 10 000 Dollar weniger. Zweitens spare man Zeit, denn das Wechseln gehe schneller als das Laden. Und drittens sei eine größere Sicherheit gewährleistet, wenn die Batterien zentral von den Betreiberfirmen gemanagt werden. Der Staat subventioniert deshalb den Kauf von E-Autos mit der Swap-Batterie. Voraussetzung, dass dieses Modell funktioniert, ist natürlich ein Netz von Tauschstationen. NIO will bis Ende 2021 rund 500 Tauschstationen aufbauen. Interessant ist der kürzlich abgeschlossene Deal von NIO mit dem Ölkonzern und Tankstellenbetreiber Sinopec. Zusammen haben sie die NIO Power Swap Station 2.0 entwickelt, die den Austausch von 312 Batterien am Tag ermöglicht. Ziel bis 2025: 5000 solcher Stationen. In drei Minuten ist bei NIO der Austausch der Batterie vollzogen. Beim Konkurrenten Geely geht es noch schneller: eine Minute reicht. Man fährt vorne rein und hinten raus – wie in der Waschstraße. Der Westen setzt dagegen „nur“ auf Ladestationen, auch wenn Länder wie Deutschland oder die USA da noch viel Nachholbedarf haben. In Deutschland gibt es nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) rund 40 000 öffentliche und teilöffentliche Ladepunkte. US-Präsident Joe Biden hat in seinem ehrgeizigen Infrastrukturprogramm 15 Milliarden Dollar für 500 000 öffentliche Ladestationen reserviert. Die westlichen Autohersteller folgen ihren Regierungen – oder ist es umgekehrt? Aber die westliche Ladefraktion bröckelt etwas. Renault-Chef Luca de Meo nannte kürzlich auf dem Kongress „Future of the car“ das Laden eine „interessante Möglichkeit“, die man prüfen wolle. Und Ford überlegt, ob es seinen Mustang Mach-E nicht mit einer Batteriewechsel-Funktion anbieten soll – in China zumindest.

 

Info:

Wie bei Geely der einminütige Batteriewechsel funktioniert, kann man in diesem Video sehen:

https://www.cnet.com/roadshow/news/china-ev-swappable-battery-standards-approved/

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