POLITIK I Amerikanische Kampfansage

Sage und schreibe 1445 Seiten umfasst ein voluminöses Gesetzeswerk, das der US-Senat am 9. Juni verabschiedet hat. Sein Titel: „U.S. Innovation and Competition Act of 2021.“ Es ist ein vor allem gegen China gerichtetes Gesetz. Weil Demokraten und Republikaner in Sachen China ähnlich ticken, wurde der Text im Senat mit einer deutlichen Mehrheit von 68:32 Stimmen angenommen. Chuck Schumer, Demokrat und einer der maßgeblichen Treiber dieses Gesetzes, sagte kurz vor der Abstimmung: „If we do nothing our days as the dominant superpower may be ending.” Es ist ein sehr komplexes Schriftstück mit sechs Divisions – von A bis F. Division A ist der Chip-Industrie gewidmet, bei der die USA inzwischen sehr stark von Asien abhängig sind. Über 50 Milliarden Dollar sollen in diese wichtige High-Tech-Branche investiert werden. Wirtschaftlich bedeutsam ist insbesondere Division B “Endless Frontier Act“. Darin werden zehn „technology focus areas“ genannt, in denen die USA aufholen wollen und müssen. In diese Industrien und Technologien soll besonders viel Geld fließen, insgesamt rund 190 Milliarden Dollar. Darunter sind unter anderem folgende Bereiche: Künstliche Intelligenz, Computer, Software, Quantum-, Kommunikations- und Biotechnologie, Datenspeicherung, Energie, Neue Materialien. Um den technologischen Aufholprozess zu steuern soll, ein Directorate for Technology and Innovation gebildet werden. Die USA fahren also ganz klar einen industriepolitischen Kurs, der sich inhaltlich von dem chinesischen gar nicht so viel unterscheidet. Schaut man auf die Bereiche, die der chinesische Staat zum Beispiel im Programm „Made in China 2025“ oder auch im aktuellen Fünf-Jahres-Plan fördert, so sieht man große Überschneidungen. Beide Supermacht-Rivalen setzen auf die mehr oder weniger selben Technologien. Leidtragender Dritter könnte die EU sein, die keine klare industriepolitische Strategie hat und in dem Techno-War zwischen China und den USA als Verlierer enden könnte. Der Vollständigkeit wegen sollte noch erwähnt werden, dass der „U. S. Innovation and Competition Act“ auch nicht-wirtschaftliche Elemente enthält, wie zum Beispiel Sanktionen wegen chinesischer Menschenrechtsverletzungen sowie einen diplomatischen Boykott der Olympischen Winterspiele 2022 in Beijing. Im komplizierten amerikanischen Gesetzesprocedere geht der Act nun an das Repräsentantenhaus. Dieses wiederum hat aber Ende Mai bereits einen eigenen Gesetzesentwurf vorgelegt, und zwar den „Ensuring American Global Leadership and Engagement Act“ (kurz EAGLE Act). Dieser hat „nur“ 470 Seiten. Nun müssen sich die beiden Häuser – Senat und Repräsentantenhaus – zusammenraufen und einen einheitlichen Text formulieren.  Beobachter sind sich einig, dass dies bis spätestens Jahresende gelingen wird.

Info:

Der „U.S. Innovation and Competition Act of 2021“ des Senats ist hier in voller Länge einzusehen: https://www.democrats.senate.gov/imo/media/doc/DAV21A48.pdf

Den EAGLE Act des Repräsentantenhauses gibt es hier: https://foreignaffairs.house.gov/_cache/files/b/9/b98fd569-3e49-47c0-bb23-8fccf88d7274/4E5106A7CF429C5C518C8C6003A94AFC.eagle-act-for-introduction—signed.pdf

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