GESELLSCHAFT I Antiasiatischer Rassismus

Wenn man im Westen von Rassismus sprach, dann meinte man meist Diskriminierungen gegenüber Menschen dunkler Hautfarbe oder muslimischen Glaubens. Asiaten waren eher selten im Fokus von Rassisten. Sie galten lange Zeit als Muster-Minderheit: brav, fleißig, angepasst und deshalb unauffällig. Das hat sich freilich verändert. Durch Corona und durch Trump, der hartnäckig vom China-Virus sprach und damit alle Asiaten stigmatisierte. In der Folge kam es in den USA zu verbalen und körperlichen Attacken gegenüber asiatisch aussehenden Menschen. Zwischen März 2020 und April 2021 soll es in den USA zu über 6600 Übergriffen auf Asiaten gekommen sein. Trauriger Höhepunkt war Mitte März die Ermordung von sechs asiatischen Frauen in Atlanta. Ein paar Tage später titelte das US-Magazin Time: „We are not silent.“ Die bislang schweigende Minderheit der Asiaten meldete sich zu Wort und organisierte sich in der Organisation „Stop Asian American and Pacific Islander Hate“. Der amerikanische Kongress reagierte und verabschiedete ein Gesetz gegen anti-asiatische Hassverbrechen. Soweit ist man in Deutschland noch lange nicht. Bis vor kurzem hat man das gar nicht als ein Problem gesehen. Im „Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus“ tauchen Asiaten gar nicht als schützenswerte Minderheit auf. Dabei herrscht auch hierzulande ein latenter Rassismus gegenüber asiatisch aussehenden Menschen, basierend auf Klischees und Vorurteilen. Dazu hat die Zeit-Redakteurin Vanessa Vu, als Tochter vietnamesischer Einwanderer im bayerischen Eggenfelden geboren, ein aufklärerisches Stück mit dem Titel „Die unsichtbare Entmenschlichung“ geschrieben.  Sie spannt darin einen weiten historischen Bogen, der bis in die Zeiten Marco Polos reicht. Inzwischen wird der Hass gegen Asiaten aber auch in Deutschland offenbar ernst genommen. Die Humboldt Universität und die Freie Universität Berlin haben zusammen mit dem Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) ein Forschungsprojekt über anti-asiatischen Rassismus durchgeführt. Ergebnis: Jede zweite befragte Person hat eine Diskriminierung erlitten, häufig „nur“ verbal. Und die hierzulande lebenden Asiaten wehren sich. Ende Mai 2020 wurde die Bewegung „Ich bin kein Virus“ gegründet.

Info:

Den Artikel von Vanessa Vu kann man hier nachlesen: https://www.zeit.de/gesellschaft/2021-05/antiasiatischer-rassismus-corona-diskriminierung-sexismus-atlanta-marco-polo-geschichte

Über das Forschungsprojekt wird hier informiert: https://dezim-institut.de/das-dezim-institut/die-corona-pandemie-und-anti-asiatischer-rassismus-in-deutschland/  Die Ich-bin-kein-Virus-Bewegung hat folgende Homepage: www.ichbinkeinvirus.org

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