POLITIK I Vor dem G7-Gipfel

Die Betten sind gemacht, die Gäste können kommen. Im Carbis Bay Hotel sowie im nahen Tregenna Castle Hotel an der Küste Cornwalls werden vom 11. bis 13. Juni hohe Gäste tagen, tafeln und nächtigen. An der Carbis Bay werden die sieben Regierungschefs zum alljährlichen G7-Gipfel erwartet, dieses Jahr endlich wieder Face-to-face und zum ersten Mal mit Joe Biden. Früher nannte man die G7 das Treffen der wichtigsten Wirtschaftsnationen der Welt. Doch inzwischen ist China in diese Phalanx gestoßen und der Superlativ gilt nicht mehr. Und auch andere Staaten wie Brasilien und Indonesien haben aufgeholt. Die relative Bedeutung der G7-Länder in der Weltwirtschaft schrumpft. Weil dem so ist, versuchen die Sieben ihre aufwendigen Treffen neu zu legitimieren, indem sie diesen eine politische Dimension geben. Aus dem Wirtschafts- wird zunehmend ein Politischer Club. Das ist ganz im Sinne des neuen US-Präsidenten Joe Biden, der schon seit längerem eine „Alliance of Democracies“ fordert. Gastgeber Boris Johnson tickt ähnlich und sagt: “I will G7 to intensify cooperation between the world´s democratic and technologically advanced nations.” Deshalb hat er die Führer von vier weiteren mehr oder weniger demokratischen Nationen zum G7-Gipfel eingeladen: Australien, Indien, Japan und Südkorea. Eine neue globale Sicherheitsarchitektur entsteht: Hier die wehrhaften Demokratien, dort die aggressiven autoritären Regime namens China und Russland. Das ist Kalter Krieg 2.0, nur dass dessen Demarkationslinien anders verlaufen als im ersten Kalten Krieg – nicht mehr zwischen Kapitalismus und Kommunismus, sondern zwischen Demokratie und Autoritarismus. „G7 is playing a dangerous game“, wetterte soeben Andrei Kelin, Russlands Botschafter in London, in einem Reuters-Interview. Dieses Spiel treibe Russland und China noch enger zusammen. Er sagt oder droht: „Russia and China have enormous potential in different fields.“ Die G7 provozieren mit ihrer Politik also genau das, was sie hinterher beklagen – nämlich einen engeren Schulterschluss zwischen China und Russland. Die Frage ist, wie geschlossen dagegen die Front der Demokratien ist. Im Vorfeld des G7-Gipfels gab es jedenfalls schon viele Gespräche sowie hektische Betriebsamkeit. Biden empfing Japans und Südkoreas Regierungschefs persönlich in Washington. Davor gab es – per Video-Schalte – das erste Präsidenten-Treffen der neu belebten Quad-Gruppe (USA, Australien, Japan und Indien). Die EU-Spitze veranstaltete in der letzten Mai-Woche mit Japan einen virtuellen Summit. Fast gleichzeitig trafen sich die EU und USA auf Arbeitsebene zum ersten Mal im Rahmen des neuen U.S.-EU Dialogue on China. Ob dies alles zur Geschlossenheit gegen China (und Russland) beiträgt, wird sich auf dem Gipfeltreffen zeigen. Und wenn nicht: Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel. Unmittelbar danach, am 14. Juni, findet nämlich in Brüssel der NATO-Gipfel statt – unter anderen auch mit Joe Biden. Wichtiger Tagesordnungspunkt auch dort: China. 

No Comments Yet

Comments are closed