GESELLSCHAFT I Teure Bräute

Heiraten ist in China ein teures Vergnügen. Die Familie des Mannes muss den sogenannten Brautpreis (chinesisch caili oder auch pinli oder pincai) bezahlen. Das hat Tradition in China. Der Brautpreis sollte einst die Familie der Braut für den Verlust ihrer Tochter entschädigen. Zudem müssen die Eltern des Bräutigams noch die Mitgift finanzieren, die meist aber niedriger ist als der Brautpreis. Beide Elternpaare arrangierten früher auch die Ehe ihrer Kinder. Im schlimmsten Falle sah sich das Ehepaar zum ersten Mal am Tag der Hochzeit. So schlimm ist es in modernen Zeiten nicht mehr, es darf inzwischen auch aus Liebe geheiratet werden. Was jedoch geblieben ist, ist das Brautgeld. Schlimmer noch: Sein Betrag steigt ständig. Der Heiratsmarkt funktioniert nach marktwirtschaftlichen Prinzipien. Ist die Nachfrage höher als das Angebot, steigen die Preise. Weil es in China mehr Männer als Frauen gibt haben Frauen ihren Preis (nach der soeben abgeschlossenen Volkszählung beträgt der Männerüberschuss in der Altersgruppe zwischen 20 und 40 Jahren 17,5 Millionen). Die Global Times berichtet, dass zum Beispiel in der Stadt Jiaocun in der Provinz Shandong schon 2017 im Schnitt zwischen 150 000 und 200 000 Yuan (19 000 bis 25 000 Euro) als Brautgeld bezahlt werden mussten. Seitdem sei der Preis jedes Jahr zwischen 10 000 und 20 000 Yuan gestiegen. Seit Jahren ist der ständig steigende Brautpreis ein großes Thema in den sozialen Medien, aber auch in der Politik. Die Regierung sieht darin auch einen Grund dafür, dass weniger geheiratet wird in China. Dabei braucht das Land doch so dringend mehr Ehen, weil dann auch mehr Kinder geboren werden. Einige kommunale und regionale Regierungen wollen deshalb die Brautpreise deckeln. Die Provinz Hebei, die die Hauptstadt Beijing umgibt, startete soeben ein Pilotprojekt in fünf Orten, in denen künftig gegen exorbitante Brautpreise und extravagante Hochzeiten vorgegangen wird. Kritiker dieser Maßnahmen sehen freilich überhöhte Brautpreise nicht als die Hauptursache für die sinkende Zahl an Hochzeiten. Für sie sind die fehlende Gleichberechtigung der Frauen und die männliche Gewalt in der Ehe die entscheidenden Gründe, warum sich immer mehr selbstbewusste Frauen einer Ehe verweigern.

Info:

Ein interessanter Beitrag zum Thema hat Manya Koetse in ihrem lesenswerten Blog What´s on Weibo veröffentlicht: https://www.whatsonweibo.com/cracking-down-on-unhealthy-wedding-customs-xiongan-new-area-launches-wedding-reform-experiment/

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