HU IS HU ? Hermann Simon, Entdecker der Hidden Champion

Am 11. Mai hätte Hermann Simon eigentlich in China sein sollen. Aber daraus wurde Corona-bedingt nichts. So saß er am Morgen dieses Tages in Anzug, weißem Hemd und roter Krawatte vor dem Computer in seinem Haus in der Eifel und sprach per Zoom eine Grußbotschaft in das ferne Shougang in der Provinz Shandong. Dort hatten sich in einem Hörsaal Unternehmer, Professoren und Funktionäre versammelt, um die Eröffnung einer Business School zu feiern. Warum Simon zugeschaltet wurde? Ganz einfach: Er ist der Namensgeber dieser Herman Simon Business School. Eine Ehre, die bislang keinem Ausländer zuteil wurde. „I feel honoured and a little proud“, sagte Simon am Schluss seiner knapp sechsminütigen Rede.

   Hermann Simon (74) ist der führende deutsche Management-Experte. Er war bis 1989 Professor für Betriebswirtschaftslehre erst in Bielefeld, dann bis 1995 in Mainz. Danach verließ er die Universität, um die von ihm bereits 1985 gegründete Unternehmensberatung Simon, Kucher & Partners fulltime zu leiten. Simon-Kucher ist auf Strategie, Marketing und vor allem Pricing spezialisiert und hat heute weltweit 41 Büros – darunter auch in Beijing, Shanghai und Hongkong.

Aber Simons Name wird vor allem mit einem Begriff verbunden: Hidden Champions. Das sind kleine und mittelgroße Unternehmen, die fast keiner kennt, die aber in einer Nische Weltmarktführer sind. Warum sie so erfolgreich sind, hat Simon in seinem 1997 erschienenen Standardwerk „Hidden Champions“ erstmals analysiert. Ganz einfach und doch so schwer: Sie sind ambitioniert, fokussiert und internationalisiert. 

   Das Werk wurde in 25 Sprachen übersetzt, darunter auch ins Chinesische. Einer seiner frühen chinesischen Leser war der Unternehmer Yang Shuren. Schon 2002 studierte er Simons Werk. Yang ist Inhaber des Unternehmens Moris, das Produkte der Spezialchemie herstellte. Simon sagt: „Er fasste auf der Basis meines Buches den Entschluss, sich von allen Produkten zu trennen, bei denen er keinen Wettbewerbsvorteil hatte.“ Stattdessen konzentrierte sich Yang auf drei Produkte, bei denen er nun Weltmarktführer ist.

   Simon hat Yang häufig getroffen. Irgendwann präsentierte Yang die Idee einer Business School für Hidden Champions und solche, die es gerne werden wollen. Im November 2017 fand eine Planungssitzung mit Yang, Simon und Vertretern der Zentral -und Provinzregierung statt. Drei Jahre später – wir sind in China – steht die Schule. Gründungspräsident ist mit Liu Hongsong der bisherige Chief Expert des China Institute for Strategy and Development in Beijing. Simon wird auch „ab und zu dort aufschlagen.“

   In den vergangenen Jahren ist Simon häufig in China gewesen. „Fast alle sechs Wochen“, sagt er. Er ist dort ein gefragter Mann, zumal die Regierung viele solcher Hidden Champions kreieren will. Simon hat inzwischen einen guten Überblick über den chinesischen Mittelstand. Diesen verarbeitet er gerade in einem neuen Buch, das im August auf den Markt kommen wird. Darin vergleicht er auch chinesische mit deutschen Hidden Champions. Ein Unterschied: „Die Chinesen gehen früh an die Börse und investieren dann sehr viel in Wachstum sowie Forschung + Entwicklung.“ Die Zahl der F+E-Mitarbeiter sei bei vergleichbarer Größe 4-5mal höher als in deutschen KMUs. „Das ist eine gefährliche Sache für die deutschen Hidden Champions“, sagt er. Seine Schlussfolgerung: Deutsche Unternehmen müssen chinesischer werden und zum Beispiel Kompetenzzentren nach China verlagern. Keine gern gehörte Botschaft, aber Simon war immer ein Freund der klaren Worte.

Info:

Am 18. August erscheint das neue Buch von Hermann Simon: Hidden Champions – Die neuen Spielregeln im chinesischen Jahrhundert, Campus Verlag, 320 Seiten, 39,95 Euro; Wer mehr über die Person Hermann Simon erfahren will, sollte seine Autobiographie lesen: „Zwei Welten, ein Leben – Vom Eifelkind zum Global Player“, Campus Verlag, 2018, 352 Seiten, 32 Euro.

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