OLD CHINA HANDS I Manuel Vermeer, Hochschullehrer, Berater, Autor

China Hands wurden im 19. Jahrhundert die wenigen Ausländer genannt, die sich in China auskannten, dessen Sprache und Kultur verstanden- oder zumindest so taten. Später wurden daraus Old China Hands, Leute mit 20 oder mehr Jahren Erfahrung im Reich der Mitte. Es gibt aber auch zunehmend junge Leute, die sich intensiv mit China beschäftigen, die aber oft nicht zu Wort kommen. Deshalb werde ich neben Old China Hands auch Young China Hands vorstellen – auch wenn Letzteres per definitionem ein Widerspruch ist. Heute wird eine Old China Hand vorgestellt: Manuel Vermeer (60).

Der Anruf kam Mitte der 80er Jahre aus dem Bundeskanzleramt. Helmut Kohl erwartete den chinesischen Ministerpräsidenten Zhao Ziyang und brauchte einen Dolmetscher. Manuel Vermeer, damals in der Endphase seines Sinologie-Studiums in Heidelberg, sagte zu. „Es war eine spannende Herausforderung, und außer mir traute sich das niemand zu“, sagt er heute. Ein Jahr später dolmetschte der junge Mann nochmals beim Staatsbesuch des Generalsekretärs der chinesischen KP, Hu Yaobang. Dolmetschen tut Manuel Vermeer heute selten, denn seine Haupttätigkeiten sind andere: Lehren, Beraten und Schreiben.

1988 gründete er zusammen mit Siegfried Englert das Ostasieninstitut (OAI) an der HWG Ludwigshafen. Die Ausgangsanalyse der beiden, die sich an der Uni Heidelberg kennengelernt hatten: „Es gibt jede Menge Betriebswirte, die nichts von Asien verstehen. Es gibt jede Menge Sinologen, die nicht wissen, wie man mit Chinesen Geschäfte macht. Wir brauchen aber Leute, die beides können.“ Sie starteten einen Studiengang, der zu 60 Prozent aus Betriebswirtschaftslehre und zu 40 Prozent aus Landeskunde (Recht, Marketing, Wirtschaft) und der Sprache Chinas besteht. Mittlerweile ist das OAI längst etabliert (Studiengänge für Japan und Korea kamen hinzu). Vermeer lehrt dort immer noch, unter anderem Business Chinese und Internationales Management.

Parallel betreibt er an seinem Wohnort in Wiesloch die Unternehmensberatung Dr. Vermeer Consult.   „Lehre und Beratung ergänzen sich wechselseitig“, sagt Vermeer, „denn ich kann Case Studies in die Vorlesungen einbringen.“ Außerdem: „Durch meine jahrzehntelangen guten Kontakte in die Wirtschaft kann ich meinen Studierenden Praktika und Jobs vermitteln.“ Vermeer berät Unternehmen vor allem in strategischen, personellen und interkulturellen Fragen. Er kennt die deutsche, die chinesische – und die indische Kultur. Seine Mutter stammt aus Bombay. Seit seiner Kindheit ist er daher auch regelmäßig in Indien. Gerade baut er dort einen Masterstudiengang Chinese Studies auf. Er sagt: „Ich mag beide Länder auf ihre eigene Art. Indien ist oft chaotisch, aber es ist lebendig und farbig. Zum Geschäftemachen ist Indien durch seine vielen Sprachen, Kulturen und sein eher kreatives Umgehen mit Vorschriften und Regeln jedoch schwieriger als China.“ Als der wohl einzige Deutsche, der sich in China wie auch in Indien auskennt, verarbeitet Vermeer sein Wissen nun auch in Umweltthrillern. Sein erstes Buch „Mit dem Wasser kommt der Tod“ spielt zwischen China und Indien – in Tibet.  Ein spannender Krimi wie seine zwei weiteren Bände „Das Jahr des Hahns“ und „Tod am Taj Mahal“. Immer dabei: Cora Remy, eine deutsche Ingenieurin, die stets zur Ermittlerin mutiert. Der vierte Krimi ist schon im Entstehen. „Es wird um die Seidenstraße gehen, um Geopolitik, um Kriegsgefahr zwischen den Supermächten“, verrät Vermeer. In all seinen Krimis geht es – wie es sich für das Genre gehört – um Mord, Totschlag und Liebe, aber es wird auch en passant viel Wissen um die jeweilige Region vermittelt. Wann hat denn der Hochschullehrer und Berater Vermeer überhaupt Zeit, auch noch Krimis zu schreiben? „In den Semesterferien nehme ich mir oft mehrere Wochen am Stück.“ Und er schreibt oft vor Ort, in Yangon, in indischen Slums, im Himalaya oder wo auch immer in Asien er gerade für seine Krimis recherchiert. „Das ist für mich Entspannung, keine Arbeit.“

So oft er kann, lässt er aber auch Laptop und Krawatte liegen und reist nicht nur beruflich, sondern auch privat nach Asien. Er fuhr mit der Transsibirischen Eisenbahn von Heidelberg nach China, bekam Malaria im Dschungel von Borneo, in Indien entkam er knapp den Flammen, als sein Zug abbrannte, er umrundete auf dem wohl gefährlichsten Pilgerpfad der Welt zu Fuß in Tibet den heiligen Berg Kailash, streifte durch die Wüste Gobi und reiste bis ins tibetische Basislager des Mount Everest. Seine Reiselust hält an: „Nächstes Jahr will ich von Xinjiang über das Basislager des K2 bis nach Tibet fahren.“ Sorgen um ein Visum macht er sich nicht. Seine Erfahrung: „Man kann China durchaus kritisch sehen, aber es sollte sachlich und ausgewogen sein, kein plumpes China-Bashing ohne fundiertes Wissen. Und dann akzeptieren die Chinesen das auch.“

Info:

Die drei Krimis von Manuel Vermeer sind im KBV-Verlag erschienen. Daneben gibt es von ihm noch die Sachbücher „Praxishandbuch Indien“ (zusammen mit Clas Neumann, Springer Gabler Verlag) und in der 3. Auflage „China.de: Was Sie wissen müssen, um mit Chinesen erfolgreich Geschäfte zu machen“ (Springer Gabler) sowie den ganz neu konzipierten „Kulturschock China“ im Reise Know-How Verlag.

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