MEINUNGSMACHER I Frank Sieren

Es war im Juli 2005. Ich hatte soeben mein erstes Buch „Herausforderung China“ veröffentlicht, Frank Sieren seinen Erstling „Der China-Code“. Grund für Helmut Marktwort uns beide in seine Sendung „bookmark“ auf 3Sat einzuladen. Es war mein erster TV-Auftritt, entsprechend nervös war ich. Frank war da schon souveräner. Er konnte sich besser verkaufen. Bitte, das ist kein Neid, sondern Anerkennung. Wir hatten uns vorher schon ab und zu in Beijing getroffen, aber seit dem gemeinsamen TV-Auftritt verbindet uns eine freundschaftliche Rivalität, vor allem auf dem Büchermarkt. Diese persönlichen Reminiszenzen vorweg. Jetzt zum Porträt von Frank Sieren. Auf dessen Homepage steht: „Kein westlicher Wirtschaftsjournalist lebt länger in China als Sieren.“ Im August 1994 landete er dort. Warum? Nicht weil ihn China interessierte, sondern es war eine Frau, die bei einer Bank in Beijing ein Praktikum machte und der er dorthin nachreiste. Der gebürtige Saarländer Sieren, der an der Uni Trier Politik studiert hatte, sagt: „Bis dahin hatte ich nichts mit China zu tun.“ Aber dann entpuppte sich dieses China für ihn plötzlich als enorm spannend – und er blieb. Er schlupfte im Büro bei dem legendären Handelsblatt-Korrespondenten Peter Seidlitz unter. Er bekam einen ersten Job bei der Süddeutschen Zeitung, bevor 1997 Kai Strittmatter kam. Es folgte eine längere Zeit als Korrespondent für die Wirtschaftswoche unter dem China-affinen Chefredakteur Stefan Baron. Danach wechselte er zur ZEIT und zum Handelsblatt.  Heute schreibt er für den am Anfang des Jahres gestarteten Newsletter China.Table von Herausgeber Sebastian Turner.  Aber nicht mehr jeden Tag: „Ich bin kein klassischer Korrespondent mehr, ich mache nur noch wenige tagesaktuelle Sachen“, sagt er. Sieren steigt tiefer in Themen ein, schreibt Bücher und dreht Filme. Zuletzt war er mit Michael Otto unterwegs und begleitete den Hamburger Unternehmer rund um die Welt. Aus der Weltreise wurde eine 30-Minuten-Doku für den NDR mit dem Titel „Ein Leben zwischen Bangladesch und Blankenese“. Berühmter als seine Filme sind seine Bücher. Das erste war – wie eingangs erwähnt – Der China-Code. Weitere folgten fast im Zwei-Jahres-Takt. Ganz aktuell ist sein in ein paar Tagen erscheinendes Buch über Shenzhen.  In normalen Zeiten würde er jetzt durch Deutschland reisen, sein Buch promoten, Vorträge und Moderationen halten. So wie er es in den vergangenen Jahren oft gemacht hat. „Früher bin ich alle sechs Wochen hin und her gereist.“ Im Frühjahr und Herbst hielt er sich meist in Beijing auf.  In Beijings heißen Sommern und kalten Wintern trieb es ihn nach Europa. Letztes Jahr strandete der Wanderer zwischen den Welten allerdings in Hongkong. Wegen Corona konnte er nicht mehr – aus Europa kommend – in die Volksrepublik einreisen. Monatelang hielt er sich in der Discovery Bay auf Lantau auf, ehe er endlich im Oktober wieder nach Beijing durfte. Dort hat sich das Leben längst wieder normalisiert. „Shops und Restaurants haben offen. Es ist wie vor der Pandemie“, sagt er und verabschiedet sich in die Bodenseestube bei ihm um die Ecke.

 

Info:

Am 17. Mai erscheint das neue Buch von Frank Sieren mit dem Titel „Shenzhen – Zukunft Made in China“ (Penguin Verlag, 416 Seiten, 22 Euro). Ich werde es in der nächsten Ausgabe besprechen. Frank Sieren hat zuvor folgende Bücher geschrieben: Der China-Code, Der China-Schock, Nachbar China (zusammen mit Helmut Schmidt), Angst vor China, Geldmacht China, Der Afrika-Boom und Zukunft? China!.

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