POLITIK I Kampf um Taiwan

Es waren „nur“ ehemalige amerikanische Politiker, aber sie wurden behandelt wie Staatsgäste. Drei Tage lang wurden vergangene Woche der frühere Senator Christopher Dodd, die beiden Ex-Vize-Außenminister Richard Armitage und James Steinberg in Taiwan hofiert: Dinner Empfang bei der Präsidentin Tsai Ing-wen, Gespräche mit dem Außenminister und weiteren Ministern.  

Biden setzt damit die offensive Trumpsche Taiwanpolitik fort. Trump brach in seiner Amtszeit gleich mehrere Tabus. Er telefonierte mit Tsai-Ing-wen. Er verkaufte Waffen im Wert von 18 Milliarden Dollar. Er schickte im August 2020 mit dem damaligen Gesundheitsminister Alex Azar zum ersten Mal seit 1979 ein US-Regierungsmitglied nach Taiwan. Und in den letzten Tagen seiner Amtszeit wollte Außenminister Mike Pompeo (der übrigens einen Taiwan-Besuch für dieses Jahr plant) die Kontaktbeschränkungen mit Taiwans Offiziellen lockern. Das holte dann die neue Regierung Biden nach. Am 10. April verkündete das US-Außenministerium neue Regeln für den Umgang mit taiwanesischen Diplomaten und Politikern. Sie dürfen nun auch in Regierungsgebäuden empfangen werden, US-Beamte dürfen künftig das Taipei Economic and Cultural Representation Offices in New York 42nd Street und in Twin Oaks bei Washington betreten. Es ist eine Politik der kleinen Nadelstiche, die Bidens Administration betreibt. Außenminister Antony Blinken sprach bereits in seinem Confirmation Hearing von Taiwan als „Country“. De-Facto-Botschafterin Hsiao Bi-khim wurde zur Bidens Vereidigung eingeladen. Und nun der Besuch von Dodd & Co.

Für die Regierung in Beijing sind das Provokationen. Aber wer provoziert hier wen? Beide Seiten provozieren. Die USA mit ihren Besuchen, mit der sukzessiven Aufhebung der Kontaktbeschränkungen und vor allem ihren Waffenlieferungen an Taiwan. Die Volksrepublik China mit ihren verbalen Attacken, aber noch viel mehr mit ihren militärischen Manövern. Nur einen Tag nach der amerikanischen Ankündigung der lockereren Kontaktbeschränkungen drangen 25 chinesische Militärflugzeuge in die Air Defence Identification Zone (ADIZ) Taiwans ein.  Und während Dodd & Co. auf Taiwan weilten, startete Chinas Militär eine Sechs-Tage-Übung südlich der Dongsha-Inselgruppe, die Taiwan für sich reklamiert. Der chinesische Flugzeugträger Liaoning übte östlich von Taiwan, während amerikanische Kriegsschiffe mehrmals die Straße von Taiwan (zwischen der Volksrepublik und der Republik Taiwan) passierten.

Wohin soll dieses gegenseitige Schattenboxen und Säbelrasseln führen? Zu einem echten Kampf, zu einem Krieg? Admiral Philip Davidson, der Kommandeur der Indo-Pazifik-Flotte, sagte am 8. März vor dem Kongress, dass er in den nächsten sechs Jahren mit einer chinesischen Invasion auf Taiwan rechne.  

Kommt es zu einer self-fulfilling prophecy?

In Washingtoner Kreisen zirkulieren bereits Kriegs-Szenarien. Robert D. Blackwill und Philip Zelikow beschreiben sie in ihrem Report „The United States, China, and Taiwan: A Strategy to Prevent War“. Darin beschreiben sie drei Szenarien: „First, China invades Taiwan´s periphery.“ Dazu zählen sie Inseln und Inselgruppen vor der Küste Taiwans, insbesondere Taiping, Pratas und Penghu.  „Second, China quarantines Taiwan“. Das sei keine Blockade, aber Chinas Militär würde in dem Falle Taiwans Grenzen in der Luft und zu Wasser kontrollieren. „Third, China invades Taiwan“.

Es gibt aber auch Stimmen gegen dieses bellizistische Getöse in Washington. Nicht unbedingt in der Politik, aber unter den Thinktankern. So fordern Bonnie Glaser, Richard Bush und Ryan Hass in einem Beitrag für npr – National Public Radio: „Don´t help China By Hyping Risk of War Over Taiwan.“

Ein frommer Wunsch. Derzeit stehen die Zeichen eher auf Konfrontation als auf Kooperation.

Info:

Der Report von Blackwill und Zelikow ist hier zu lesen: https://cdn.cfr.org/sites/default/files/report_pdf/csr90_1.pdf

Den npr-Kommentar von Glaser, Bush und Hass gib t es hier: https://www.npr.org/2021/04/08/984524521/opinion-dont-help-china-by-hyping-risk-of-war-over-taiwan

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