WIRTSCHAFT I Chinas Automarkt – eine Einführung

Seit 2009 ist China der größte Automarkt der Welt. Nirgendwo werden mehr Autos produziert und verkauft. Rund 25 Millionen waren es 2020. Kein Wunder, dass sich alle Hersteller der Welt in China tummeln, dort aber auf Hunderte von heimischen Konkurrenten treffen. Der chinesische Automarkt ist ziemlich unübersichtlich. Vor der Automesse in Shanghai, die vom 21. bis 28. April stattfindet, will ich deshalb versuchen, zumindest einen groben Überblick zu geben, indem ich die chinesischen Auto-Hersteller in vier Gruppen einteile.

Die Staatsunternehmen: Da sind zunächst die, die fast nur unter ihrem Kürzel bekannt sind: BAIC, FAW, GAC, JAC und SAIC. Dazu kommen noch Chang´an, Chery und Dongfeng sowie Brilliance, das auch private Eigner hat. Sie wurden – bis auf Brilliance und Chery – in den 50er und 60er Jahren gegründet. Die „Big Four“ unter ihnen sind SAIC, FAW, Chang´an und Dongfeng. Alle sind mit westlichen Herstellern in Joint-Ventures (Gemeinschaftsunternehmen) verbandelt. Die deutschen Autofirmen haben folgende Partner: Audi/FAW, Daimler/BAIC, BMW/Brilliance sowie VW/SAIC und FAW.

Die Privatunternehmen der ersten Generation: Die ersten privaten Firmen begannen in den 90er und Nuller Jahren Autos zu produzieren. Drei von ihnen haben es in die Spitzengruppe geschafft: BYD, Geely und Great Wall Motors. Alle sind durch starke Persönlichkeiten geprägt. Jack Wei übernahm 1990 mit 26 Jahren den Lkw-Produzenten Great Wall Motors und machte aus ihm einen veritablen Autohersteller, der vor allem bei Pick-Ups und SUVs stark ist. Wang Chuanfu startete 1995 in Shenzhen mit BYD (Build Your Dream) zunächst als Batteriehersteller. 2003 stieg er dann ins Autogeschäft ein. Manche hielten ihn für verrückt. Damals redeten nur wenige über Elektroautos. Aber Wang hatte schon eine Vision: Batterien plus Auto ergeben ein Elektroauto. Heute ist BYD in dieser Sparte die Nummer Eins in China. Ähnlich belächelt wurde einst auch Li Shufu, als er 1998 sein erstes Auto vorstellte. Inzwischen wird Li mit seinem Unternehmen Geely sehr ernst genommen. Vor allem die geglückte Übernahme von Volvo im Jahre 2011 hat ihm und seinem Team viel Respekt eingebracht. Inzwischen ist Geely mit Sitz in Hangzhou auch Großaktionär bei Daimler.

Die Elektro-Newcomer: Rund 500 Start-Ups soll es im Bereich Elektroautos geben. Aber gerade zwölf von ihnen bieten Autos zum Verkauf an. Drei Unternehmen haben das Potential, sich gegen die etablierten Platzhirsche durchzusetzen: NIO, Xpeng, Li Auto. Alle drei wurden in den Jahren 2014/15 gegründet und haben finanzstarke Investoren aus Chinas Internet-Szene. NIO ist das Kind des Milliardärs und Serien-Entrepreneurs William Li (siehe HU is Hu? in dieser Ausgabe). Er wird u.a. von Baidu und Tencent unterstützt. Xpeng mit Sitz in Guangzhou wurde von Xia Heng und He Xiaopeng gegründet. Letzterer war vorher beim Internet-Riesen Alibaba, der auch einer der Investoren bei Xpeng ist. Li Auto (Beijing), gegründet von Li Xiang, hat das Backing von Meituan und Bytedance/TikTok. Alle drei Unternehmen sind übrigens an den Börsen in den USA gelistet.

Die Spätzünder: Soeben kündigte der Elektronik-Gigant Xiaomi (siehe folgendes CHINAHIRNLexikon) an, dass er künftig E-Autos produzieren will. Zehn Milliarden Dollar sollen in den nächsten zehn Jahren investiert werden. Der vor allem für Apple produzierende Auftragsfertiger Foxconn steigt ebenfalls in die Produktion von E-Autos ein. Diverse Kooperationen ist er bereits eingegangen – mit Fiat, Fisker und Geely.  

 

Info:

Dieses CNBC-Video erklärt den Boom bei Elektroautos in China: https://www.cnbc.com/2021/03/24/why-china-is-so-far-ahead-of-the-us-when-it-comes-to-ev-production-.html

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