POLITIK I USA-China

Draußen in Anchorage war es kalt, drinnen im Hotel Captain Cook war es frostig. Zumindest, als noch Journalisten und Kameras im Raum waren, um die Eingangsstatements der Delegationsleiter zu hören und zu filmen. Zwei Minuten Redezeit waren vereinbart. US-Außenminister Tony Blinken überzog ein bisschen mit seiner Rede und etwas undiplomatisch äußerte er seine „deep concerns with actions by China, including in Xinjiang, Hong Kong, Taiwan, cyber attacks in the United States, and economic coercion towards our allies“ äußerte.

Und dann war Yang Jiechi an der Reihe, im Politbüro für Außenpolitik zuständig. Er redete und redete. Rund 15 Minuten lang. Erst dann war Dolmetscherin Zhang Jing dran (die später in den chinesischen Medien aufgrund ihrer coolen Art und ihres Aussehens hochgelobt wurde: „China´s Most Beautiful Interpreter“). Sie musste die Tirade Yangs übersetzen, die aus fast 2000 englischen Wörtern bestand und in der Yang unter anderem die amerikanische Demokratie attackierte: „Many people within the United States actually have little confidence in the democracy of the United States.“

Der Streit fing allerdings schon vor diesem Wortgeplänkel an. Die Chinesen nannten das Treffen in Alaska zwischen den führenden Außenpolitikern beider Staaten einen „high-level strategic dialogue“. Außenminister Tony Blinken war das eine Nummer zu groß und er erwiderte trotzig: „This is not a strategic dialogue.“ Dazu kamen kleine Boshaftigkeiten der Amerikaner: Die Mitglieder der chinesischen Delegation mussten bei ihrer Einreise einen Covid-19-Test vorweisen. Und dann war kein gemeinsames Essen vorgesehen, wo doch jeder weiß, dass die Chinesen den Small Talk bei Speis und Trank schätzen. Als Yang vor einer Sitzung gefragt wurde, was er gegessen habe, blaffte er nur kurz zurück: „Eine Instant-Nudelsuppe“.

Aber immerhin: Hinter den verschlossenen Türen soll es sachlicher zugegangen sein. Ein Schlusskommuniqué gab es aber nicht. Blinken und US-Sicherheitsberater Jake Sullivan traten am Ende nur kurz vor die Presse. Blinken sprach von einer „very candid conversation on an expansive agenda“, auf der die Themen Iran, Nordkorea, Afghanistan und Klimawandel gestanden hätten. Zu den Bereichen Wirtschaft, Handel und Technologie sagte er nur soviel: „We are reviewing these issues with closed consultation with Congress, our allies and partners.“ Yang nannte die Gespräche „direct, frank and constructive.“

Am konstruktivsten war wohl das Ergebnis in Sachen Klimawandel. Man habe sich auf die Einsetzung einer Arbeitsgruppe geeinigt, ließ die chinesische Seite verlauten. Die Amerikaner wollten das nicht bestätigen. Aber kurz danach sickerte durch, dass sich die beiden Chef-Unterhändler John Kerry und Xie Zhenhua (siehe das Porträt in der Rubrik HU IS HU?) bald treffen wollen.

Das Treffen in Alaska stand am Ende hektischer diplomatischer Aktivitäten der Biden-Regierung, die deutlich machte, wo sie ihren strategischen Schwerpunkt sieht: In Asien oder – wie es neuerdings heißt – im Indo-Pazifik. Es begann zunächst am 12. März mit dem virtuellen Quad-Treffen der vier Regierungschefs aus den USA, Australien, Japan und Indien. Übrigens das erste Mal, dass sich die Staatschefs in diesem Format trafen. Biden sagte in seinem Eingangsstatement: „A free and open Indo-Pacific is essential to each of our futures, our countries.” Das wiederholten die anderen drei Staatschefs fast nahezu wortgleich. Das Wort „China“ tauchte bei keinem auf, aber jeder wusste, dass dieses Treffen vor allem der Eindämmung Chinas dienen sollte.

Dann folgte am 16. und 17. März die Reise von Außenminister Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin nach Tokio und Seoul. Das war der erste Auslandstrip von Mitgliedern der Regierung Biden. Auch diese Reise hatte Symbolcharakter: Die Antrittsbesuche führten nicht über den Atlantik, sondern über den Pazifik. Immerhin briefte vorweg Sicherheitsberater Jake Sullivan die Europäer über die Reise, darunter auch Jan Hecker im Bundeskanzleramt. 

Vor allem in Tokio stießen die Amerikaner auf offene Ohren. Gemeinsam bezeichneten Amerikaner und Japaner China als eine regionale, wenn nicht gar globale Bedrohung. China sei „coercive, destabilizing and unlawful“. Und demonstrativ bekannte sich Biden auch zur Verteidigung der zwischen China und Japan umstrittenen Senkaku-Inseln. In Südkoreas Hauptstadt Seoul war der Ton etwas konzilianter. China wurde im Abschlusskommuniqué nicht explizit erwähnt. Südkorea lässt sich nicht so einfach gegen China positionieren, weil es auch – anders als die Japaner – keine territorialen Konflikte mit China hat.

Fazit der eben beschriebenen Reisen, Gipfel und Dialoge: Die USA gehen unter Biden gegenüber China strategischer vor, suchen nach Verbündeten und zielen auf eine Eindämmung Chinas. Anders als Trump, der fast ausschließlich auf Handelssanktionen setzte, spielt bei Biden die militärische Komponente eine wichtige Rolle. Die Zeichen stehen auf Konfrontation nicht Kooperation.

Info:

Die Eingangsstatements von Blinken und Sullivan in Anchorage (auszugsweise) im Ton hier: https://www.scmp.com/video/world/3126064/our-intent-be-direct-about-our-concerns-blinken-kicks-us-china-alaska-talks;  In Worten hier: https://www.state.gov/secretary-antony-j-blinken-national-security-advisor-jake-sullivan-chinese-director-of-the-office-of-the-central-commission-for-foreign-affairs-yang-jiechi-and-chinese-state-councilor-wang-yi-at-th/

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