Alleinerziehende Mütter sind in China nicht vorgesehen. Weder in der Verfassung noch im Alltag. Sie passen nicht in das konfuzianische Weltbild und auch nicht in das der herrschenden Partei. Deren aktuelles Familienideal sieht – nach der 2017 erfolgten Aufhebung der Ein-Kind-Politik – so aus: Vater, Mutter, zwei Kinder. Uneheliche Kinder sind zwar nicht verboten, weder nach dem Familienplanungsgesetz noch nach dem Ehegesetz. Aber die Kinder werden diskriminiert. Sie bekommen keine „hukou“, also keinen Aufenthaltsstatus, was den Zugang zu Schulen enorm erschwert. In manchen Kommunen können sich Frauen durch die Bezahlung einer „social support fee“ quasi freikaufen. Und manche Frauen wehren sich gegen die Diskriminierung. Zum Beispiel Sarah Gao, über die die „South China Morning Post“ berichtete. Sie arbeitete bei dem Investmentfond Kun Yuan Asset Management in Shanghai. Mit 40 wurde sie ungeplant schwanger und bekam im November 2016 eine Tochter. Nach sieben Monaten kehrte sie in ihr Unternehmen zurück und wollte für den Mutterschutz-Urlaub volles Gehalt. Das Unternehmen weigerte sich, diesen Antrag an die Behörden weiterzuleiten, denn es fehlte ein wichtiges Dokument: eine Heiratsurkunde. Sie blieb hartnäckig und wurde gefeuert. Sie ging vor Gericht und verlor. Die Urteilsbegründung: „Gao´s unmarried status is not in line with national policy.” Gao ist trotz der juristischen Niederlage optimistisch, denn sie hat damit zumindest öffentliche Aufmerksamkeit für die Probleme alleinerziehender Mütter erzielt. Sie ist ja kein Einzelfall. Genaue Zahlen gibt es nicht. Aber Schätzungen sagen, dass es mindestens 20 Millionen ledige Mütter gibt. Und die Zahl wird in den nächsten Jahren wachsen, weil es immer mehr Singles geben wird und viele Frauen ganz bewusst ein Kind haben wollen. Und mit ihnen steigt auch die Zahl derer, die dieses Leben in einer juristischen Grauzone nicht akzeptieren wollen. So gibt es inzwischen eine NGO mit dem Namen „Advocates for the Diverse Family Network“ und einige Frauen – darunter Sarah Gao – haben eine Petition an den Rechtsausschuss des Nationalen Volkskongresses (NVK) geschickt. Immerhin eine Mitstreiterin im NVK haben sie gefunden: Huang Xihua, Delegierte aus Guangdong, setzt sich für die Single-Mütter ein. Sie sagt: „Es ist ihr Recht. Wir sollten ihre Wahl respektieren.“
Info:
Dass sich drei Frauen wie in diesem Film zu ihrem Status als Alleinerziehende bekennen, ist eher selten:
https://www.goldthread2.com/culture/single-mothers-china/article/3030094