WIRTSCHAFT I China – Fluch oder Segen?

In diesen Tagen und Wochen fängt die Berichtssaison in der Unternehmenswelt an. Immer mehr Konzerne wie Mittelständler legen ihre Zahlen für das vergangene Jahr 2020 vor. Man war auf katastrophale Meldungen gefasst. Und dann dies: Viele Unternehmen vermelden bei Umsatz wie Ertrag ein Plus. Wie kommt das in Zeiten der Pandemie? Eine Antwort: China. Das Land ist viel schneller aus der Pandemie-Krise gekommen als andere Nationen. Als einzige große Wirtschaftsnation verzeichnete China sogar ein Wachstumsplus für 2020. Davon profitierten auch viele deutsche Unternehmen, vor allem die Autobauer. Daimler vermeldet ein Plus von knapp 12 Prozent bei den Verkäufen in China und BMW ein Plus von sieben Prozent. Die genauen Zahlen von Volkswagen werden erst Mitte März verkündet, aber man kann davon ausgehen, dass auch die Absatzzahlen der Marken im Volkswagen-Konzern (u.a. VW, Audi und Porsche)  gestiegen sind. Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer sagt: „China war eine Art Rettungsanker für unseren Fahrzeugbau.“ Nach der globalen Finanzkrise 2008, als China durch ein massives Investitionsprogramm die heimische Wirtschaft ankurbelte und damit auch Nachfrage nach ausländischen Produkten schaffte, hat China damit zum zweiten Mal viele westliche Unternehmen vor einem Rutsch in die Verlustzone gerettet. Und was gibt es dafür? Kritik. „Der riskante China-Boom der Dax-Konzerne“ titelt das „Handelsblatt“. Die Unternehmen seien zu abhängig von China, heißt es dort. Schauen wir zunächst auf die Zahlen. Das „Handelsblatt“ hat eine Tabelle mit den Umsatzanteilen Chinas bei diversen deutschen Unternehmen erstellt, die ich hier wiedergebe: Aixtron (60 Prozent des Umsatzes wird in China getätigt), Volkswagen (41), Infineon (39), BMW (32), Daimler (29), Siltronic (27), Adidas (22), Dürr (21), Covestro (19), Puma (16) und Siemens (14). Aber ab wann ist man abhängig? Die Wirtschaftswissenschaft gibt darauf keine Antwort. Sie spricht allgemein von einem Klumpenrisiko bei zu starker Abhängigkeit von einem Markt oder einem Kreditnehmer. Letztendlich muss das jedes Unternehmen für sich entscheiden. Die deutschen Autokonzerne haben – keine Frage – eine hohe Abhängigkeit vom chinesischen Markt. Aber was sollen sie machen? Den Umsatz in China reduzieren? Wie soll das in praxi funktionieren? Sollen sie sich – oder gar die Politik – Limits setzen, dass beispielsweise nur 25 Prozents ihres Umsatzes in China gemacht werden soll? Sollen sie in die Schaufenster ihrer Showrooms Schilder hängen: Nächste Lieferung in einem Jahr? Allein diese Fragen zeigen, wie unrealistisch eine Selbstbeschränkung wäre. Dann sollen sie halt auf andere Märkte ausweichen, lautet eine Forderung der Abhängigkeitskritiker. Wenn das so einfach wäre. Die Wachstumsmärkte zum Beispiel in Südostasien und Indien sind längst verteilt und stark in japanischer und koreanischer Hand. Da wartet niemand auf einen Volkswagen. Und dann gibt es noch das Häufchen der Fundamentalkritiker mit der Forderung: Ganz aus China raus. Wer das will, muss freilich auch die Folgen tragen, wenn die zweitgrößte Exportnation auf den größten Wachstumsmarkt der Welt verzichtet: Eine tiefe Rezession hierzulande.  

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