Am 18. und 19. Januar ging Staats- und Parteichef Xi Jinping auf Inspektionsreise, was er ja häufiger in seinem Riesenreich tut. Er musste aber dieses Mal nicht weit fahren, denn er besichtigte die Sportstätten der kommenden Olympischen Winterspiele in Beijing. In Beijing? Gibt es in Chinas Hauptstadt Berge, gibt es dort Schnee? Ich habe nur einmal Schnee in Beijing erlebt. Es war wunderschön chaotisch. Der Flughafen war gesperrt, die Autos schlidderten auf den Straßen, die Verbotene Stadt war mit Puderzucker überzogen. Schnee ist eher selten in Beijing. Aber auch die Olympia-Städte Turin (2006) und Vancouver (2010) waren keine Wintersport-Metropolen. Doch sie hatten die nahen Berge. Und die hat Beijing auch. Deshalb fuhr Xi, nachdem er in der Hauptstadt die Stadien besichtigt hatte, erst ins 70 Kilometer entfernte Yangqing und dann am nächsten Tag weitere 130 Kilometer nach Zhangjiakou. In Yangqing finden die alpinen Wettbewerbe sowie Bob und Rodeln statt, in Zhangjiakou die nordischen Wettbewerbe und das Snowboarding. In einem dunkelblauen Daunenmantel des kanadischen Herstellers Arc´teryx schritt Xi durch die winterliche Landschaft und vernahm allerorts frohe Botschaften: Alles im Plan, die Wettkampfstätten sind fertig. Die Piktogramme wurden soeben vorgestellt, die Sponsorenverträge sind unterschrieben, eine Million Freiwillige haben sich gemeldet. Und auch der Hochgeschwindigkeitszug von Beijing in die beiden Wettbewerbsorte rast schon seit über einem Jahr. Xi war zufrieden, sind doch die Olympischen Winterspiele Teil eines gigantischen Plans, China zu einer Wintersportnation zu machen. Die Spiele sollen dabei eine Katalysatorfunktion haben, um viele dieser Sportarten erst bekannt zu machen. Der große Medaillensegen wird nicht erwartet. Natürlich versuchen die Chinesen gut abzuschneiden und haben dafür in einigen Disziplinen ausländische Trainer eingekauft wie zum Beispiel das berühmte Biathlon-Ehepaar Ole Einar Björndalen und Darya Domratschewa oder den deutschen Bob-Olympiasieger André Lange. Aber die Chinesen bleiben realistisch und begnügen sich mit dem Ziel, in allen 109 Wettbewerben überhaupt Athleten an den Start zu bringen. Derzeit plagen sie ohnehin zwei andere Sorgen. Da ist zum einen der nach wie vor nicht ausgerottete Covid-19-Virus und zum anderen tauchen die ersten Boykottdrohungen von Politikern aus den USA, Kanada und Großbritannien auf, vor allem wegen Xinjiang. Es sind noch spannende vorolympische Monate zu erwarten. Sollten die Spiele aber wie geplant stattfinden, dann werden sie „eine der aufwendigsten, tollsten Werbekampagnen für Wintersport in China sein“, sagt der Wintersport-Experte Hermann Winkler (siehe folgendes Interview).
Info:
Die ARD-Sportschau hat einen zehnminütigen Bericht über den Stand der Vorbereitungen gesendet: https://www.ardmediathek.de/daserste/video/sportschau/ein-jahr-vor-den-olympischen-spielen-in-peking/das-erste/Y3JpZDovL3dkci5kZS9CZWl0cmFnLTA4ZDMyOGZiLWNkOGYtNDhlMC1hMWQ1LTFlNmNmYjQyMDJlYQ/