CHINAHIRNfragt…Hermann Winkler, SnowHow China

Der Südtiroler Hermann Winkler (43) studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität Innsbruck und der Bocconi in Mailand. Er war zehn Jahre lang bei dem Schmuckhersteller Swarovski für den Vertrieb in Asien zuständig. 2017 gründete er die Wintersport-Agentur SnowHow China und war Mitgründer von Snow 51 in Shanghai, einem Unternehmen, das den Chinesen das Skifahren beibringen will.

Wie kamen Sie auf die Idee, den Chinesen Skifahren beizubringen?

Ich habe sehr aufmerksam verfolgt, warum die Regierung so massiv auf Wintersport setzt. Drei Gründe: Erstens, sie wollen Arbeitsplätze schaffen im Servicesektor, wozu auch der Tourismus zählt. Zweitens wollen sie durch den Bau von Wintersportzentren mehr Wohlstand ins Landesinnere bringen. Und der dritte Grund ist natürlich die Volksgesundheit. Man versucht die Leute zu jeglicher Art von Sport zu motivieren, idealerweise auch noch zum Wintersport. Und das Volk zeigt Interesse. Da war mir klar: Wenn Konsumenten und Regierung dasselbe wollen, wird im Wintersport was Großes passieren. Und ich sagte mir: Da muss ich dabei sein und gründete SnowHow China.

Werden die Chinesen jetzt massenhaft in den Schnee und aufs Eis gehen?

Bei den Konsumenten hat in den vergangenen Jahren ein Umdenken stattgefunden – weg von materiellen Statussymbolen hin zu mehr Experience, was vor allem Reisen und Sport heißt, und eben auch Wintersport. Skifahren ist noch relativ elitär und noch sehr stark ein Statussymbol. Wir bezeichnen es oft als das neue Golf. Eissportarten werden sicher auf breitere Resonanz stoßen. Der Vorteil des Eissports ist, dass er in den urbanen Zentren stattfinden kann. Neben dem Skifahren sehe ich deshalb auch Eishockey als eine der kommenden Trendsportarten.

Die Regierung spricht bereits von 300 Millionen Wintersportlern…

Diese 300 Millionen haben für sehr viel Konfusion gesorgt. Manche interpretierten das so, dass bald 300 Millionen Chinesen auf den Skipisten unterwegs sind. Aber diese Zahl bezog sich auf die Wintersportler insgesamt. Die Zahl der Skifahrer ist weit, weit niedriger. Aussagekräftiger ist die Zahl der Tageskarten, der sogenannten Ski Visits. Danach gibt es drei große Skinationen: Österreich, Frankreich und Amerika mit 50 bis 55 Millionen Ski Visits pro Saison. China lag in der vorletzten Saison bei rund 20 Millionen und hat damit Japan und Italien überholt. Dass China die Nummer Eins wird, ist nur eine Frage der Zeit.

Hat denn China die dazu nötige Infrastruktur?

China ist bereits führend beim Indoor Ski. Von den weltweit 150 Skihallen stehen alleine 35 in China, auch in Städten fern der Skigebiete wie zum Beispiel Guangzhou oder Chengdu. China bringt damit das Thema Skifahren in die urbanen Ballungsgebiete. Damit macht man letztendlich diesen Wintersport auch zugänglich für die Massen.

Skifahren in der Stadt statt in den Bergen?

99 Prozent der Chinesen machen schlechte Erfahrungen bei ihrem ersten Skiurlaub. Sie kommen zum Schnee mit schlechter Ausrüstung, mit einem schlechten Skilehrer und mit völlig überzogenen Erwartungen. Nach zwei Stunden sind sie relativ frustriert und sagen: Skifahren ist nichts für mich. Sie machen ein Selfie und haken das ab.

Das ist nicht gut für Ihr Geschäft…

Wir haben aufgrund dieser Erfahrung das ganze System Skifahren neu überdacht, was zur Gründung meiner zweiten Firma Snow 51 führte. An bereits 12 Standorten in Shanghai bieten wir – gemeinsame mit meinem chinesischen Joint-Venture-Partner – auf  Teppichmaschinen, die man sich als ein überdimensionales Laufband vorstellen muss, Skitraining für Anfänger an. Auf dem Teppich lernt man fünfmal schneller Skifahren als im richtigen Schnee. Mit diesem Konzept gehen wir dorthin, wo die Leute sind, in die Shopping Malls. Weil das in Shanghai funktioniert, wollen wir auch in andere Städte expandieren.

Aber die Leute wollen nicht ewig auf dem Teppich bleiben…

Klar, die Vision ist ja immer das Skifahren im Schnee. Wir bringen deshalb die Leute nach dem Teppich-Training erst einmal zum Skifahren in die Halle, später dann nach Japan und auch in den Alpenraum, wo es zum Beispiel in der Jungfrau-Region, in Sölden oder Innsbruck Events für chinesische Skitouristen gibt, die wir nach dem Lockdown weiterführen werden.

Sie fahren nicht in chinesische Skiresorts?

Wir haben gute Beziehungen zu den führenden Resorts in China, weil unsere Mitgliedert deren ideal Kunden sind. Die Skigebiete in der Nähe der nördlichen Ballungszentren sind weitgehend attraktiv, speziell für chinesische Urlauber aus der Stadt.  Für einen Alpenländer sind sie aufgrund der geringen Höhenunterschiede, der geringen Niederschläge und der kargen Landschaft nicht vergleichbar mit den heimischen Skistätten. fürs Skifahren nicht ideal sind. Und landschaftlich sind sie auch nicht vergleichbar mit den Alpen. Aber die Chinesen werden in 20 Jahren noch ganz andere Gebiete in ihrem riesigen Land entdecken, auch landschaftlich attraktivere. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch dort Resorts in tollen Landschaften entstehen.

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