POLITIK I Die Grünen

Am Schluss der Sendung „ maischberger. die woche“ spätabends am 27. Januar tauchte noch Grünen-Chef Robert Habeck im grauen Anzug auf. Er musste sich dem albernen Fragespielchen „Bitte einen Satz zu…“ stellen, als ob man in einem Satz die Welt erklären könnte. Also fragte die Moderatorin Sandra Maischberger: „Bitte einen klaren Satz zu Xi Jinping.“ Habeck brauchte natürlich mehr als nur einen Satz. Sein erster Satz war folgender: „Xi und China sind strategischer und politischer Gegner Europas.“ Und dann redete er einfach weiter. Man müsse sich klar machen, dass sie (die Chinesen) eine Agenda verfolgen, dass Huawei gefährlich sei. Ende der Frageminuten.

Tage zuvor hatten er und Annalena Baerbock, Co-Vorsitzende der Grünen, in einem Gastbeitrag für die FAZ etwas ausführlicher ihre außenpolitischen Leitlinien formuliert. Titel: „Blick nach vorn – Europas Angebot für eine neue transatlantische Agenda.“ Die Ausgangslage: „Wir befinden uns in einem globalen Systemwettbewerb zwischen demokratischen und autokratischen Systemen.“ Diesen Wettbewerb könnten Europa und die USA nur im Schulterschluss bestreiten: „Es braucht eine gemeinsame Strategie im Umgang mit China.“ Sie fordern den Handel als einen „mächtigen Hebel“ zu nutzen, „um Menschenrechte und Grundwerte zu verteidigen und zu stärken.“ Das gerade abgeschlossene EU-China-Investitionsabkommen „widerspricht bedauerlicherweise genau diesem Ziel.“

Weder Baerbock noch Habeck sind bislang außenpolitische Schwergewichte. Aber um dieses Defizit zu korrigieren, meldet sich das Duo jetzt öfter bei globalen Themen zu Wort. Es könnte ja sein, dass einer von beiden in einem Jahr das Außenministerium übernimmt. Eine schwarz-grüne Koalition nach den Bundestagswahlen im September dieses Jahres wird nämlich immer wahrscheinlicher – und in der würde der Juniorpartner den Außenminister stellen.

Aber diese Annäherung der beiden führenden Köpfe an die USA ist nicht unumstritten in der Partei. Kurz nach dem FAZ-Artikel meldete sich Jürgen Trittin, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, mit seinem Zehn-Punkte-Programm: „USA/China/Europe: Case by Case Alliances.“ Darin wendet er sich gegen eine neue Blockbildung: „Geo-economic times require case by case alliances – not new blocks in a globalized world.” Für ihn ist die “bipolar world over”. Die Rezepte des kalten Krieges würden nicht mehr wirken, besonders nicht gegen eine Supermacht wie China. Statt auf Konfrontation setzt er auf Kooperation. Globale Probleme würden globale Lösungen erfordern: „Global problems will not be solved by nations – if they ally to form coalitions of the willing”. Trittin spricht sich gegen einen – von Baerbock und Habeck geforderten – engen Schulterschluß mit den USA aus, denn: „American interests do not meet European interests – from managed trade for Midwest farmers and a dominant finance and information industry to Europe´s automotive and machinery.” 

Trittins Thesen sind bei den Grünen nicht mehrheitsfähig. Es dominiert der – ich nenne ihn mal so– Bütikofer-Flügel. Der Europaparlamentarier Reinhard Bütikofer ist der China-kritische Furor in der Partei.  Bütikofer und Trittin sind die Antipoden in der China-Debatte der Partei, in der es immerhin noch Restbestände an Streitkultur zu geben scheint.

Info:

Den FAZ-Gastbeitrag von Baerbock/Habeck gibt es kostenfrei auf der Homepage der Grünen: https://www.gruene.de/artikel/blick-nach-vorn-europas-angebot-fuer-eine-neue-transatlantische-agenda

Das Thesenpapier von Jürgen Trittin steht hier: https://www.trittin.de/2021/01/29/case-by-case-alliances/

No Comments Yet

Comments are closed