WIRTSCHAFT I Meng Wanzhou

Sobald Meng Wanzhou ihr Haus im schicken Vancouver Stadtteil Shaughnessy verlässt, springen die Herren in dunklen Anzügen aus ihren schwarzen SUVs, halten ihr die Türe auf und begleiten sie, wohin sie auch immer in der kanadischen Stadt am Pazifik fahren will. Die Bodyguards der Firma hat nicht Meng Wanzhou engagiert, sondern der kanadische Staat, der Sorge hat, dass Meng flüchtet. Deshalb hat sie um den linken Fuß auch eine Fessel, mit der sie jederzeit per GPS geortet werden kann.

Meng Wanzhou ist die prominenteste Gefangene Kanadas, vielleicht der Welt. Für die Chinesen ist sie eine Geisel im chinesisch-amerikanischen Techno-Krieg. Sie ist die Tochter des Firmengründers von Huawei, Ren Zhengfei, und Finanzchefin des Telekommunikationskonzerns. Sie soll – so der Vorwurf der US-Justizbehörden – Banken gegenüber falsche Angaben über den Verkauf von Kommunikationstechnologie an den Iran gemacht haben. Damit habe sie die US-Sanktionen gegen die Islamische Republik hintergangen. Die USA erließen deshalb einen Haftbefehl, und am 1. Dezember 2018 wurde sie deshalb am Flughafen in Vancouver festgenommen. Seitdem fordern die USA ihre Auslieferung.

Bis über diese entschieden wird, steht Meng unter Hausarrest – in einem Haus, das rund 850 Quadratmeter groß ist, vier Schlaf- und acht Badezimmer hat,und 13,6 Millionen kanadische Dollar kostete. Aber die Bewacher der Firma Lions Gate Risk Management, für die übrigens Meng Wanzhou jährlich zwei Millionen kanadische Dollar bezahlen muss, sind stets dabei, selbst beim Öffnen der Post.

Weil in Zeiten von Corona, das auch in Kanada wütet, zu viel Nähe gesundheitsgefährdend sei, beantragten Mengs Anwälte, dass die ständige Begleitung durch Bodyguards reduziert werden soll. Dazu gab es Mitte Januar ein Hearing vor dem Supreme Court der kanadischen Provinz British Columbia. Dabei wurden weitere Details ihres eingeschränkten Lebens bekannt.  Dass sie zum Beispiel regelmäßig Besuche von einem Kunstlehrer und einer Masseuse bekomme, dass sie sich mit Beschäftigten von Huawei in ihrem Haus treffe, obwohl Corona-bedingte Kontaktbeschränkungen herrschten. Und da war noch eine private Weihnachtsfeier im Richmond Restaurant, wo sich 14 Leute trafen, darunter ihr Ehemann Liu Xiaozong und die beiden Kinder, die mit einer Sondergenehmigung aus ihrem Wohnort Hongkong einreisen durften. Die Staatsanwälte werten all diese Begegnungen so, dass die Angst vor Ansteckung nicht so groß sein kann. Die Richter werden in den nächsten Tagen entscheiden, ob sie einer Reduzierung der Bewachung zustimmen. Noch später, wahrscheinlich im Mai, wird in der Hauptsache – Auslieferung an die USA – entschieden. Bis dahin werden Meng und ihr bizarres Leben weiter die Schlagzeilen beherrschen und das Verhältnis zwischen China und Kanada belasten.

Ihre kleine (Halb-)Schwester macht dagegen gerade in China ganz andere Schlagzeilen. Pünktlich zu ihrem 23. Geburtstag posierte Annabel Yao (23) für eine Titelstory in „Harper`s Bazaar China“ und produzierte sich in einem 17minütigen Video, in dem sie ihren Künstler-Vertrag mit TH Entertainment verkündete. Außerdem sagte sie dort ein paar Sätze, die man halt so sagt: „I think I´am like most people of my age, I have had to work hard, study hard.“ Mit 15 machte sie bereits eine Ballettausbildung an der Royal Academy of Dance in London, mit 17 ging sie nach Harvard zu einem Studium der Computerwissenschaft, mit 20 durfte sie beim La Bal des Débutantes in Paris auftreten. In den sozialen Medien kam diese Selbstdarstellung der Milliardärstochter, die sich als ganz normales Mädchen verkaufen will, nicht so gut an. In ihrem Video spricht sie übrigens auch über ihre Schwester Meng Wanzhou: “I had often wondered why they said negative things about me and why everyone likes my sister but not me.” Ja, warum wohl?

Info:

Ein Video der South China Morning Post über den Fall der Meng Wanzhou gibt es hier: https://www.youtube.com/watch?v=PraEizeElGg. Das soeben veröffentlichte 17-Minuten-Video ihrer Schwester Annabel Yao kann man hier sehen: https://weibo.com/tv/show/1034:4593060731093011?from=old_pc_videoshow

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