Das neue Jahr hat im Westen schon begonnen, in China noch nicht. In dieser Phase des Dazwischen fühlen sich viele berufen zu orakeln, was im kommenden Jahr so passieren wird, welche Trends sich durchsetzen werden. Das ist meist Kaffeesatzleserei, trotzdem ertappe ich mich immer wieder, dass ich diese Listen lese oder zumindest überfliege. Da ich davon ausgehe, dass meine Neugier kein singuläres Phänomen ist, hier die Verweise auf einige Prognosen unterschiedlicher Institutionen und Personen.
Das Berliner Mercator Institute of Chinese Studies (Merics) hat nicht selbst orakelt, sondern orakeln lassen. Über 1000 Personen – Experten und China-Interessierte – wurden befragt. Auf die Frage, welche Themen 2021 Priorität in der chinesischen Politik haben werden, landete „technology self-reliance“ ganz oben. Am Schluss landete „greening the economy“.
Die Consultingfirma KPMG beschreibt „10 Macro Economic Trends in 2021“. Drei Trends finde ich interessant: China bleibt für Auslandsinvestitionen attraktiv; Konsum und Dienstleistungen werden die Treiber des chinesischen Wachstums sein; der Handelsstreit mit den USA wird sich vorübergehend etwas abkühlen.
SupChina-Chefredakteur Jeremy Goldkorn macht in seinem traditionellen Red Paper 18 Voraussagen für 2021. Sie reichen von der Wirtschaft („China’s stock markets will continue to boom“) über die Pandemiebekämpfung (“Many COVID-19 health-check and contact-tracing measures will remain in place”) bis zur Außenpolitik (“India and China will continue their tense standoff”).
Das Online-Magazin Radii widmet sich nur einer Frage: „What will Young China Be Doing in 2021?“ und gibt sehr viele Antworten. „Healthy Living“ sei für Chinas Jugend wichtig, ebenso eine gute Work-Life-Balance. Der Stolz auf ihr Land wächst, und sie kaufen deshalb immer mehr nationale Produkte.
Mehr als nur Spekulation ist das, was die Central Economic Work Conference (CEWC) auf ihrer traditionellen Sitzung im Dezember beschlossen hat.Acht „key missions“ für 2021 beschloss dieses hochrangig besetzte Gremium, darunter Stärkung der heimischen Nachfrage, Verstärkung der antimonopolistischen Gesetzgebung und Lösung der Probleme im Wohnungsbau.
Zum Schluss noch eine verwegene Prognose: Michael Dunne, einer der besten Kenner der chinesischen Autoszene, sagt voraus, dass Daimler einen neuen Aufsichtsratsvorsitzenden bekommt: Li Shufu, Gründer und CEO von Geely, das ja bereits Großaktionär beim Stuttgarter Konzern ist.
Info:
Die besprochenen Prognosen gibt es hier: Merics (https://merics.org/sites/default/files/2021-01/210113_MERICS%20China%20Forecast%202021_Survey%20Results.pdf); KPMG (https://assets.kpmg/content/dam/kpmg/cn/pdf/en/2020/12/2021-macroeconomics-trends-and-outlook.pdf); SupChina (https://supchina.com/2021-red-paper/); Radii (https://radii.co/edition/young-china-2021); CEWC (https://www.chinabankingnews.com/2020/12/21/chinas-central-economic-work-conference-outlines-8-key-missions-for-2021/); und Michael Dunne (https://www.zozogo.com/blog/2021/1/7/the-zozo-go-newsletter-102).