POLITIK I Nach der US-Wahl

Als Joe Biden im heimischen Wilmington seine erste Rede als President-elect hielt, gab er sich als Versöhner, der das gespaltene Amerika wieder zusammenführen wolle. In diesen Stunden und Tagen blickt Biden erst mal nach innen. Die Außenpolitik kann warten. Aber sie wird in seiner Amtszeit ebenfalls eine große Rolle spielen – vor allem das Verhältnis zu China, der anderen Weltmacht.  

Biden hat sich in Sachen China längst positioniert. Er betrachtet China als Wettbewerber, aber nicht – wie Trump – als Feind in einem neuen Kalten Krieg. Er wird auf die Einhaltung der Menschenrechte pochen und dabei glaubwürdiger sein als Trump, der ja gerne mit Potentaten posierte. Er wird nicht nur – wie sein Vorgänger Trump – allein auf das Handelsdefizit mit China schauen, um das ökonomische Verhältnis zu China zu definieren. Und er weiß, dass die USA auch ihre Hausaufgaben machen müssen – vor allem in der Technologiepolitik: „To win the competition for the future against China or anyone else, the United States must sharpen its innovative edge”, schreibt er in einem Artikel von Foreign Affairs, „there is no reason we should be falling behind China.” Deshalb kündigt er an: “I will make investment in research and development a cornerstone of my presidency.”

 Aber der vielleicht wichtigste Unterschied zu Trump wird sein, dass er das schwer geschädigte Verhältnis zu den europäischen Alliierten wieder reparieren will und mit ihnen eine gemeinsame China-Politik definieren will. Nochmals Biden: “The most effective way to meet that challenge is to build a united front of U.S. allies and partners to confront China`s abusive behaviors and human rights violations.” In Asien hat die Trump-Administration schon Vorarbeit geleistet, indem sie den Quadrilateral Security Dialogue (USA, Japan, Australien und Indien) als Gegengewicht zu China positionierte.

Nun ist es an Biden, die transatlantischen Reihen zu schließen. Der angekündigte Schulterschluss zwischen der EU und den USA kann Beijing nicht gefallen. Jeffrey Prescott, einer der aussenpolitischen Berater Bidens, sagt: „People in Beijing may be nervous about Joe Biden because they recognize that he is going to work with allies.”

In Deutschland können es vor allem zwei Politiker kaum erwarten, mit den USA gemeinsame Sache gegen China zu machen: Außenminister Heiko Maas und Verteidigungsministerin Annegret Kamp-Karrenbauer. Die beiden bezeichnen sich selbst als Transatlantiker und gaben fast synchron Statements ab. Maas schreibt in einem Namensbeitrag für die Welt am Sonntag: „Für mich birgt die Gestaltung unserer Beziehungen zu China die Chance auf neue transatlantische Zusammenarbeit.“ AKK fordert in einem Interview mit dem Sydney Herald Tribune eine „newly strengthened Western trade alliance“ gegen China.

Doch nicht nur handelspolitische Kooperation wird eingefordert, sondern auch technologische. Weil China in einigen High-Tech-Bereichen – zum Beispiel 5G, Künstliche Intelligenz oder Quantum Computing – inzwischen führend ist, mehren sich die Stimmen, die eine gemeinsame westliche Antwort auf Chinas mögliche Dominanz fordern. Es fing Ende Mai, als Großbritanniens Regierung eine „D10“ in die Diskussion warf. 10 Demokratien sollten vor allem bei 5G zusammenarbeiten, um ein Gegengewicht zum Weltmarktführer Huawei zu kreieren. Ganz aktuell ist eine Studie des Center for a New American Security (CNAS), die eine Technology Alliance von zehn westlichen Ländern und der EU fordert. Joe Biden soll solchen Ideen nicht abgeneigt sein.

 Info:

In diesem Artikel für Foreign Affairs skizzierte Biden seine Außenpolitik: https://www.foreignaffairs.com/articles/united-states/2020-01-23/why-america-must-lead-again

Die CNAS-Studie „Common Code – An Alliance Framework for Democratic Technology Policy” gibt es hier: https://www.cnas.org/publications/reports/common-code

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