Ich behauptete lange Zeit großkotzig: Ich kann scharf essen, auch und gerade in China. Ich habe Feuertöpfe in Chengdu und Chongqing überlebt, wo die Brühe von dicken Schichten Chilis bedeckt waren. Das war sozusagen meine Feuertaufe, dachte ich. Wann immer die Bedienung fragte: „Ni chi la ma?, nickte ich. Und dann kam ich nach Hunan in die Hauptstadt Changsha. Dort verbrachte ich auf der Durchreise nur einen Abend, doch der brannte sich in mein Gedächtnis. Schärfer habe ich nie mehr gegessen. Eine Überdosis Chili dominierte mein Fleischgericht. Keuchend, hustend verließ ich das Lokal.
Damit war klar: Ich tauge nicht zum Revolutionär. Denn Mao, der aus eben dieser Provinz Hunan stammte, soll gesagt haben: „“The food of the true revolutionary is the red pepper.“ Und: “He who cannot endure red peppers is also unable to fight”.
Sichuan, Hunan und – das dazwischen liegende – Guizhou sind die drei Provinzen, wo Chili zum Standard gehört wie anderswo Salz. Dort sind die Chilis so verbreitet, dass man meinen könnte, sie stammen von dort. Doch das stimmt nicht.
Die Chilis kamen wohl in den 70er Jahren des 16. Jahrhunderts nach China. Ursprünglich sind sie aus Amerika – wie die Kartoffel, die Tomaten und der Tabak. Von dort gelangten sie nach Spanien und dann via Portugal nach Asien. Damals wurden Gewürze teuer gehandelt. Zum Beispiel Nelken oder Zimt. Chili gehörte nicht dazu. Sie wurde gar nicht als Gewürz oder Gemüse gehandelt, sondern eher als Zierpflanze.
Die ärmeren Schichten fingen dann an, Chili als Gewürz zu benutzen, weil ihnen Salz zu teuer war. Zum ersten Mal tauchten Chilis in einem Kochbuch 1790 auf: in Tong Yuejians The Harmonious Cauldron. Das billigere Chili ersetzte zunehmend auch den Pfeffer als Scharfmacher.
Inzwischen hat Chili vor allem in den Küchen Sichuans und Hunans einen festen Platz. Dort kommt Chili in verschiedenen Formen vor: Frisch oder getrocknet. Rot oder grün. Oder als Chiliöl oder in Saucen diverser Art.
Und zu guter Letzt der Hinweis: Chili dient auch als Heilmittel in der traditionellen Chinesischen Medizin.
Info:
Der Historiker Brian R. Dott hat vor kurzem ein interessantes Buch über Chili geschrieben: The Chile Pepper in China: A Cultural Biography, Columbia University Press, 296 Seiten, 32 $.