VIDEO I Xifan Yang

Xifan Yang saß in einem Hotel irgendwo in der Inneren Mongolei. Die China-Korrespondentin der Wochenzeitung DIE ZEIT hatte in der Goldenen Woche eine Auszeit genommen. Trotzdem nahm sie sich die Zeit um an einem Sonntagmorgen (deutscher Zeit) im Rahmen einer Veranstaltung des dai – Deutsch Amerikanischen Instituts Heidelberg den Fragen der Sinologin Marina Rudyak zu stellen. Herauskam ein sehr interessantes, sehr offenes Gespräch, bei dem Xifan Yang sehr differenziert über China und auch ihre Arbeit Auskunft ab. In dem 78-Minuten-Gespräch kamen verschiedene Themen zur Sprache.

    Über das Arbeiten als Korrespondentin in China: . „Die Arbeitsbedingungen sind schlimmer geworden“, sagt sie. Und zwar von Tag zu Tag. Gleichzeitig sei das Korrespondenten-Dasein sehr mühsam. „Hier sind die Zugänge sehr schwer, es ist alles sehr zeitintensiv.“ Da die deutschen Medien – im Gegensatz zu den amerikanischen –  meist nur ein oder zwei Korrespondenten vor Ort haben, finden manche Themen nicht statt. „Die Gesellschaft und Kultur kommt nicht vor, auch nicht der Alltag der Menschen mit normalen Problemen.“ Deshalb haben die Menschen hierzulande oft ein falsches Bild von China: „Das sind hier nicht alles Ameisen, das ist kein Gulag, kein Nordkorea.“  Ja, konzidiert sie, „die Berichterstattung hat Schlagseite“. Sie beklagt, den Rausschmiss der Korrespondenten amerikanischer Leitmedien und dem daraus resultierenden Informationsdefizit. . „Wir haben eine total paradoxe Situation: In diesem Land passieren einer der wichtigsten weltpolitischen Entwicklungen, aber wir wissen jeden Tag weniger über dieses Land.“

   Über das deutsche China-Bild: In Politik und den Medien würde ein negatives China-Bild existieren, es sei zum Teil zu negativ. In der Wirtschaft hingegen herrsche gerade Jubelstimmung: „Alle sind sehr bullish“. Sie sehe aber nicht, dass die Debatte in Deutschland in aller Ehrlichkeit geführt würde. Die Debatte um die Konfuzius-Institute sei nicht die wesentliche Frage. Die entscheidende Frage sei vielmehr: „Sind wir bereit, Verluste von Arbeitsplätzen und ein Rückgang des Wachstums hinzunehmen für die Verteidigung von Werten?“

   Über China-Kompetenz in Deutschland: Früher hätten sich mehr junge Menschen für China interessiert. „Beijing war vor 5 Jahren noch ein globaler Hotspot.“ Heute geht hingegen die Zahl der Sinologen zurück. Eine falsche und fatale Entwicklung: „Wir brauchen mehr China-Kompetenz. Mit Ausnahme von Merics und einigen guten Sinologie-Fakultäten sind wir komplett blank.“

   Über den Kalten Krieg zwischen China und USA: Das sei kein Kampf zwischen Kommunismus und Kapitalismus. Denn China ist ja selbst kapitalistisch. 80 Prozent der Arbeitsplätze seien in privaten Unternehmen. Nein: „Es ist ein knallharter geopolitischer Machtkampf.“ China wolle seinen Einflussbereich ausdehnen, neue Märkte erschließen, neue Ressourcen gewinnen. Aber China wolle nicht andere Länder missionieren: „Aktiv zum Systemwechsel aufzurufen, daran hat China kein Interesse“. Und: „China will nicht das herrschende globale System durch ein anderes ersetzen.“

     Über die Seidenstraße: „Dieses Konzept ist sehr, sehr überholungsbedürftig“. Bis vor kurzem sei es ein einziges Chaos gewesen. „Jede Provinzbehörde, jedes Ministerium hatte seine eigene Strategie“. Und zudem werde das Thema auch in China kritisch diskutiert. Viele würden sagen: „Wir haben noch so viele arme Menschen hier, warum verpulvern wir Milliarden auf der Seidenstraße.“

Info:

Das Gespräch ist hier zu sehen: https://www.youtube.com/watch?v=srP2qhmY_S0&feature=youtu.be

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