HU IS HU? Ole Scheeren

   Er hat keine Wohnung, denn er wohnt meist in Hotels. Ole Scheeren (49) pendelt zwischen den Welten, vor allem zwischen Asien und Europa. In diesen beiden Regionen – genauer in Berlin, Hongkong, Bangkok und Beijing – sind die vier Büros seiner Firma , die schlicht Büro Ole Scheeren heißt. Künftig wird er wohl häufiger in seinem Hongkonger Büro anzutreffen sein. Denn der deutsche Star-Architekt hat sich in der Nachbarstadt Shenzhen einen dicken Auftrag an Land gezogen: den Bau des neuen Headquarters des Telekom-Giganten ZTE. Das ist der Konkurrent von Huawei, in dessen Schatten ZTE stets steht, weil es – im Gegensatz zu Huawei – auch wenig PR und Werbung betreibt.

   Ole Scheeren hat schon seit langer Zeit eine enge Connection mit China. Schon als 21jähriger tourte er noch vor seinem Studium mit dem Rucksack durch China. Er flog nach Hongkong, überquerte in Shenzhen die Grenze, nahm das Schiff nach Guangzhou und reiste immer tiefer in den Südwesten und Westen des Landes. Eine Reise, die ihn veränderte. Gegenüber der Zeitschrift Madame sagte er: „Nach meiner ersten Reise Anfang der 90er-Jahre durch dieses damals noch wirtschaftlich rudimentäre Land habe ich das mir anerzogene Bild aus der zentraleuropäischen Perspektive erst einmal in den Mülleimer geworfen. Die ganze Reise war eine emotionale Achterbahnfahrt, und seitdem hat mich China nie wieder losgelassen.“ Und: „Mein Leben ist nicht nur Asien, aber mein Leben wird nie mehr ohne Asien sein.“

       Nach seiner China-Reise studierte Scheeren, der schon in jungen Jahren seinem Vater, der Architekt war, über die Schulter schaute, Architektur in Karlsruhe, Lausanne und London. 1995 fing er dann im Office for Metropolitan Architecture (OMA) des berühmten Rem Koolhaas in Rotterdam ein. Sieben Jahre später wurde er – gerade mal Anfang 30 – Partner bei OMA und zuständig für das Asien-Geschäft.

    In diese Zeit fiel der Bau des Headquarters des staatlichen Fernsehsenders CCTV, eines der spektakulärsten Gebäude Beijings, ach was der Welt. Der Bau habe sein Leben verändert, so Ole Scheeren in einem dpa-Interview. Dieses Projekt habe ihn gänzlich nach China gebracht, in ein Land für welches er bereits Jahre zuvor Begeisterung hegte. Gänzlich angekommen sei er aber erst durch die Fertigstellung des Gebäudes.

    Im März 2010 löste sich Scheeren von Koolhaas und OMA und machte sich mit dem Büro Ole Scheeren selbständig. Asien und speziell China blieb er freilich treu – ebenso seiner Maxime „Forms follows Fiction“ statt „Forms follow Functions“.

   In der Folgezeit realisierte Scheeren spektakuläre Objekte in Bangkok (MahaNakhon Tower), Singapur (DUO Twin Towers)) und Beijing. Guardian Art Center, das Headquarter des ältesten Kunstauktionshauses Chinas. Es ist nahe der Verbotenen Stadt, aber auch nahe der Wangfujing, Beijings Haupteinkaufsstraße. Folgerichtig wurde es ein Hybrid zwischen Kultur und Kommerz, der aus einem Auktionshaus, Galerien, Restaurants und einem Hotel besteht.

    Und nun also das neue wellenförmige ZTE-Headquarter in Shenzhen, genannt die Shenzhen Welle, 120 Meter lang, 60 Meter hoch. „Ästhetisch zwischen Oper von Sydney und Elbphilharmonie in Hamburg“, urteilte Spiegel-Kritikerin Ulrike Knöfel. Bereits 2023 soll es fertig sein. Wir sind in Shenzhen. Und da gilt „Shenzhen Speed“.

Info:

In einem kurzen Video erklärt Ole Scheeren die Idee hinter seinen beiden spektakulären Beijinger Bauwerken – dem CCTV Tower und dem Guardian Art Center: https://www.youtube.com/watch?v=z31J3-JpK1c

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