GESELLSCHAFT I Single – kein Einzelfall

    Alleine essen gehen war in China lange Zeit eher die Ausnahme. Man speiste mit Freunden, mit der Familie – und das an großen, runden Tischen. Doch das ändert sich seit geraumer Zeit in China, weil es immer mehr Singles gibt. Die Regierung vermeldet über 200 Millionen Singles. Viele von ihnen leben noch bei den Eltern, aber immer mehr ziehen in ihre eigene kleine Wohnung. Dieser Trend, der in der westlichen Welt schon lange existiert, erreicht nun mit einer zeitlichen Verzögerung auch das konfuzianische China mit seiner Verehrung der Familie. Die Folgen des Single-Booms sind gravierend – vor allem für die Unternehmen. Sie müssen ihre Werbung, aber auch ihre Produkte anpassen.

   Zunächst hat die Zunahme der Singles einen positiven Effekt auf den Konsum. Denn viele der Singles aus der Generation Z (nach 1995 geboren) sind gutverdienend. Und zudem konsumieren sie weit mehr als Verheiratete. Diese müssen sparen, um in die Bildung ihres Kindes zu investieren. Nach einer Untersuchung des Marktforschungsinstituts Nielsen (Report on the Rising Single Economy) werden diese Singles in der nahen Zukunft die treibende Kraft des Konsums in China sein. Sie reisen häufiger, und sie  kaufen überdurchschnittlich mehr Klamotten,  Elektro- und Luxusartikel als der Durchschnittsbürger.

   Mancher Hersteller hat die Zeichen der Zeit erkannt und produziert Produkte speziell für diese Zielgruppe. Zum Beispiel die Firma Little Bears Electric. Sie hat nun kleine Reiskocher im Angebot, nicht mehr die Fünf-Liter-Töpfe, sondern es reicht die Hälfte. Hersteller von weißer Ware haben Mini-Waschmaschinen im Angebot, die gerade mal für 5 Hemden (oder Blusen) Platz haben. Bei den Online-Händlern boomen die Geschäfte mit kleinen Portionen, zum Beispiel 0,2-Liter-Weinfläschchen oder 100-Gramm-Reispackungen.

  Und die Singles gehen auch häufiger in Restaurants, und wenn es sein muss auch alleine. Das Online-Magazin Sixth Tone schreibt bereits von einer „solo dining revolution.“ Restaurants stellen sich um, ändern ihr Layout, um Platz für Alleinesser zu schaffen. Zum Beispiel das „23 Seats“ im Beijinger Vergnügungsviertel Sanlitun. Die Singles sitzen an einem langen Metalltisch, vom schlürfenden Nachbarn per Trennwand getrennt. Keine Carona-Maßnahme, sondern eher zum Schutz der Privatsphäre.

    Die beliebte Hotpot-Kette Haidilao – immer für eine verrückte Idee gut – setzt auf Wunsch einen Teddybären auf den leeren Stuhl gegenüber. Das kann auch von Vorteil sein:  Er redet nicht, glotzt auch nicht ständig aufs Handy, und der Bärenhunger ist nur vorgetäuscht.

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