HONGKONG: Der bewegende Abschied von David Webb

Es war ein schöner sonniger Tag am 12. Mai in Hongkong. Aber es war gleichzeitig ein tief trauriger Tag für alle, die sich um die Mittagszeit im altehrwürdigen Foreign Correspondents‘ Club (FCC) einfanden. Es kamen so viele Journalisten, Politiker und Business People, dass der Club-Lunch auf alle drei Restaurants ausgedehnt werden musste. Über 230 Gäste waren gekommen, um sich von einem Mann zu verabschieden: David Webb (59). Nein, er ist noch nicht gestorben, aber er wird bald sterben. Webb leidet im Endstadium an einem aggressiven Prostata-Krebs. Noch einmal stellte er sich einem Gespräch, das der ebenfalls legendäre Hongkonger Journalist Philip Bowring leitete.  

Wer ist dieser David Webb? Er war in Hongkong eine große Nummer, nicht bei allen beliebt, aber von allen geachtet. Er studierte in Oxford Mathematik, schrieb nach dem Studium Bücher über Maschinenlernen und kreierte Spiele für den Homecomputer. Das verdiente Geld steckte er in Aktien. Er arbeitete für insgesamt drei Banken in London. Die letzte, die Barclays Bank, schickte ihn 1991 nach Hongkong. Dort investierte er weiter und vermehrte sein Vermögen. 1998 – er war gerade 33 Jahre alt – kündigte er seinen Job und verwaltete sein Millionen-Vermögen nunmehr selbst. Aber nur das Leben eines Multi-Millionärs zu führen, war nicht sein Lebensinhalt. Im November 1998 gründete er – ein schönes Wortspiel mit seinem Namen – webb-site.com. Eine Fundgrube an Informationen über Hongkongs Finanzwelt, aber auch ein Kampfinstrument für mehr Transparenz in dem undurchsichtigen Hongkonger Dickicht, wo zwischen Behörden und Wirtschaft viel gemauschelt wird. Die finanzielle Unabhängigkeit gab ihm die Freiheit, immer wieder auf Missstände hinzuweisen. Beim „living farewell“ im FCC sagte er: „I’d made enough money to be fairly certain I wouldn´t need to work again, so I could offend whoever I liked in Hong Kong.” Er war ein Streiter für ein transparentes Hongkong, das aber in den vergangenen Jahren restriktiver geworden war. Aber er ist sich sicher, dass dieser Kurs weder in Hongkong noch in China zum Erfolg führen wird. “I believe in the long run that China and Hong Kong will be less autocratic, more democratic and we’ll move away from the authoritarian system because there’s no way to maintain economic growth by central planning. It’s much better to let the free markets work to produce the growth.” Das war sein politischer Wunsch am Ende des rund einstündigen Gesprächs, ehe er noch einen allerletzten privaten Wunsch äußerte: Er möchte noch an seinem 60. Geburtstag am 29. August die Kerzen seiner Geburtstagstorte ausblasen.

Info:

Hier die Webb-Seite, die den Gründer David Webb überleben wird: https://webb-site.com/

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