ARCHITEKTUR I Ein chinesisches Paar leitet die nächste Biennale in Venedig

Das chinesische Architektenpaar Wang Shu und Lu Wenyu sind die Kuratoren der nächsten Architektur Biennale, die im kommenden Jahr vom 8. Mai bis 21. November in Venedig stattfinden wird. Dies gab Biennale-Präsident Pietrangelo Buttafuoco am 26. November bekannt. In einer Mitteilung pries er die beiden chinesischen Architekten: „Ihre Vision, die tief in der Erinnerung an Orte und im Wissen um Bauprozesse verwurzelt ist, stellt heute eine wesentliche Stimme in der internationalen Debatte über Architektur und die Bedeutung des Bewohnens der Räume dieser Welt dar.“ Ihre Stimme ist eine sehr kritische gegenüber der modernen Architektur. Das zeigt das Statement, das sie in der Mitteilung der Biennale abgegeben haben: “In the current world, the rapid and multiple changes in architecture are more a phenomenon of appearance, the result of excessive conceptualization or marked commercialization. Conceptual experiments driven to extremes are often divorced from reality and over-commercialization trends to be merely popular and short-lived.” Dieser Trend – lautet ihre Warnung – könnte zum “Tod der Architektur” führen. In der Fachwelt – so schreibt Jonas Gerwens im Online-Magazin Kunst Mag – wird die Ernennung der beiden Chinesen als bewusste Kurskorrektur nach Carlo Rattis technologie-zentrierter Biennale 2025 gesehen.

Wang Shu (62) und Lu Wenyu (58) gründeten 1997 in Hangzhou das „Amateur Architecture Studio“. Der Name ist Programm. Sie definieren Amateur im wörtlichen Sinne als Liebhaber einer Sache um ihrer selbst und nicht des Profits oder anderer Ziele wegen. In diesem Sinne sind Wang und Lu „Architekten, die sich der brachialen Modernisierung Chinas verweigerten“, schreibt Bernhard Schulz in der FAZ. Trotzdem oder gerade deswegen sind sie in China angesehene Architekten. Sie gründeten 2003 die Architekturabteilung an der Chinese Academy of Art und 2007 die School of Architecture.

Ihr Ansatz fokussiere sich– so in der Biennale-Begründung für ihre Berufung – „auf vorhandene Materialien, die Spuren des Alltagslebens gewöhnlicher Menschen sowie die Arbeitsweise und Handwerkskunst der Handwerker auf der Baustelle“. Bestes Beispiel für diese Art des Bauens ist das 2006 fertig erstellte Museum in Ningbo. Dort wurden für die Außenwände die typisch grauen Ziegel historischer Häuser verwendet. Weitere bekannte Werke des Ehepaars sind der Xiangshan-Campus der China Academy of Art, der Tiles Hill in Hangzhou und das Nationalarchiv für Veröffentlichungen und Kultur in Hangzhou sowie das Opernhaus und die Konzerthalle in Xi’an. In Deutschland waren sie an der Ausgestaltung des Thronsaals des Ethnologischen Museums im Humboldt-Forum beteiligt. Mehrfach wurde das Ehepaar ausgezeichnet. 2012 bekam Wang Shu als erster Chinese den Pritzker-Preis. Lu Wenyu erhielt 2010 den Schelling-Architekturpreis. In Venedig sind sie keine Unbekannten. Dort gestalteten sie bereits 2006 den China Pavillon. 

Info:

Hier die Mitteilung der Biennale zur Ernennung des Paares Wang Shu und Lu Wenyu: https://www.labiennale.org/en/news/wang-shu-and-lu-wenyu-curators-biennale-architettura-2027

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