WAN HUA ZHEN (萬花陣) I Mehr Realitätssinn, weniger überhöhte Rhetorik / Von LIU Zhengrong*

Seit Wan Hua Zhen im Juni 2024 erstmals bei CHINAHIRN zu Gast war, haben Wolfgang Hirn und ich noch nie in derselben Ausgabe über dasselbe Thema geschrieben. Die Themenvielfalt zu China ist schließlich nahezu grenzenlos. Bis jetzt.

Die Seltenen Erden brachten uns tatsächlich auf Kollisionskurs – nicht zuletzt, weil wir unsere Themen selten im Voraus abstimmen. Wolfgangs aktuelles Editorial bewies erneut die journalistische Fairness und den Feinsinn, die man von ihm gewohnt ist. Diese Kolumne hätte die jüngste Entwicklung nicht besser kommentieren können. Daher habe ich den dafür vorgesehenen Beitrag nachfolgend erheblich gekürzt.

Wolfgang war mit seiner Einschätzung nicht allein. Keith Bradsher von der New York Times schrieb am 9. Oktober aus Beijing: Der weitreichende Geltungsbereich der neuen chinesischen Regeln spiegle wider, wie zuvor Washington umfassende Exportkontrollen eingesetzt habe, um die Chipproduktion weltweit zu kontrollieren. Peking habe jahrelang diese „Langarm-Gerichtsbarkeit“ der USA verurteilt, welche andere Länder dazu verpflichtet, gar keine mit amerikanischer Technologie hergestellten Chips nach China zu liefern. „Doch mit den am Donnerstag (9. Oktober) erlassenen Regeln“, so Bradsher, „hat China den Spieß gegen die Vereinigten Staaten umgedreht.“

Genau so war die Reihenfolge der Geschehnisse.

Die erneute Eskalation im Streit um Seltene Erden aus China ist deshalb nur oberflächlich betrachtet ein „brachialer Kampf um Rohstoffe“, wie die FAZ schrieb. Zutreffender wäre: ein brachialer Kampf um strategische und machtpolitische Augenhöhe. Hat man mit dieser US-Administration überhaupt eine andere Wahl? China sieht sie offenbar nicht – und die EU eigentlich auch nicht. In Brüssel jedoch begnügt man sich damit, energisch von Augenhöhe zu REDEN.

Philipp Mattheis von der WirtschaftsWoche riet aus demselben Anlass: „Die EU täte gut daran, sich jetzt für Entspannung einzusetzen.“ Dem ist zuzustimmen. Die Rolle des eigenständigen Vermittlers würde Europa mehr Gewicht und Gehör verschaffen. Das wäre umso wichtiger in einer Phase, in der Europa technologisch weit abgeschlagen ist und überhaupt keinen Plan B besitzt.

Die Voraussetzung dafür ist allerdings: mehr Realitätssinn und weniger überhöhte Rhetorik.

* Hier erfahren Sie mehr über die Kolumne und deren Autor:

No Comments Yet

Comments are closed