WISSENSCHAFT I Wo die KI-Talente sitzen – in China und den USA

Haben Sie schon mal den Namen Pang Ruoming gehört? Dieser Pang Ruoming hat zum 1. Juli einen neuen Job angetreten, bei dem er in den nächsten Jahren inklusive Boni rund 200 Millionen Dollar verdienen soll. In der Wirtschaft weltweit verdient kaum ein CEO so viel. Dabei ist Pang nicht mal CEO, sondern „nur“ Leiter eines noch kleinen Labs bei Meta (früher Facebook) mit dem Namen Meta Superintelligence Lab. Meta-Chef Mark Zuckerberg hat sich höchstpersönlich darum gekümmert, dass Pang von Google zu Meta geködert wurde. Was Pang so begehrlich und damit so teuer macht, sind seine Kenntnisse der Künstlichen Intelligenz.
Pang, der einst an der Tsinghua-Universität studierte, ist eines der vielen chinesischen KI-Talente, die in den USA Karriere machen. Wie begehrt sie sind, zeigt sich daran, dass neben Pang sechs weitere chinesisch-stämmige KI-Experten in dem nur elfköpfigen Spitzenteam des Meta Superintelligence Lab sind. Sie haben alle ähnliche Karrieremuster. Sie studierten an einer chinesischen Spitzen-Uni (Tsinghau, Beida, der USTC in Hefei oder der Zhejiang Universität) und wechselten dann in die USA zu den Top-Tech-Konzernen (Google, Microsoft, Nvidia oder OpenAI).

Aber nicht nur Meta hat sich chinesische KI-Koryphäen gekrallt, auch Nividia-Chef Jensen Huang rekrutierte höchstpersönlich zwei Tsinghua-Alumnis (Zhu Banghua und Jiao Jiantao) zu sein Unternehmen. Und bei Google Deep Mind arbeitete mit He Kaiming einer der Pioniere des Deep Learning.

In der KI-Branche geht der Spruch um: „Whoever wins the Chinese scientists will win the AI world”. Sind also die USA angesichts der eben beschriebenen Abwerbungen auf gutem Wege dorthin?  Langsam, langsam. Es hauen ja nicht alle KI-Experten aus China ab. Viele bleiben im Lande, denn auch dort gibt es Top-Konzerne, die gute Aufstiegschancen bieten und exorbitante Gehälter zahlen. Zu diesen Stars der chinesischen KI-Szene zählen:

  • Zhang Xiangyu war beim Megvii Research Institute; seit kurzem ist er Chief Scientist beim chinesischen Language-Modell  StepStar;
  • Tian Qi, Wang Yunhe und Xie Lingxi sind die KI-Stars bei Huawei;
  • Wang Xiaogang, Gründer von SenseTime, und Shi Jianping, die dort das Forschungsteam autonomes Fahren leitet;
  • Ren Shaoqing ist beim Autohersteller NIO die Schlüsselfigur beim autonomen Fahren;
  • Yan Junjie, Gründer des aufstrebenden KI-Startups MiniMax;
  • Cao Yue, Gründer und CEO von Sand AI, ein Video-AI-Startup.

Diese Spitzenleute werden im aktuellen Global Artificial Intelligence Research Trends Report (2015-2024) genannt, der von der United Nations Industrial Development Organization (UNIDO) und Dongbi Technology Data Co soeben herausgegeben wurde.  Dieser Report gibt einen guten Überblick darüber, wo das Know How in Sachen Künstliche Intelligenz sitzt – nämlich in China und den USA. Die Autoren haben 96 961 Forschungspapiere der letzten zehn Jahren ausgewertet und dabei knapp 200 000 Forscher ausfindig gemacht, die sich mit KI beschäftigen. Aus den USA stammen knapp 63 000 KI-Forscher, aus China 52 000. Spiegelbildlich sieht es bei den Forschungseinrichtungen so aus: Von den Global Top 100 AI Institutions haben 38 ihren Sitz in China, 35 in den USA. Während in China aber die Universitäten (allen voran die beiden Beijinger Unis Tsinghua und Beida) sowie die CAS dominieren und die privaten Unternehmen wie Alibaba und Tencent wesentlich weniger KI-Experten haben, ist das Bild in den USA viel ausgewogener. Dort sind an den Eliteunis (vor allem Stanford und MIT) sowie bei den Tech-Konzernen Google und Microsoft fast gleich viel KI-Forscher beschäftigt. Interessant ist, dass rund ein Drittel der KI-Experten von Microsoft in China arbeitet.

Es findet also ein reger Austausch zwischen den USA und China statt. Dieser Wettbewerb um die Talente wird die beiden Nationen in Sachen KI weiter pushen. Man muss deshalb die Frage stellen: Kann Europa da noch mithalten?

Info:

Der Global Artificial Intelligence Research Trends Report (2015-2024) ist noch online verfügbar.

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