Mitten über dem Pazifik auf der Rückreise von Südkorea nach Washington sprach Donald Trump zu der mitgereisten Journalistenschar in der Air Force One. Thema Nummer Eins war natürlich das ein paar Stunden zuvor stattgefundene Treffen mit Chinas Staatschef Xi Jinping im südkoreanischen Busan. „It was an amazing meeting“, sagte Trump, „with a lot of important decisions made”. Er war in seinem Überschwang nicht zu bremsen: “We reached agreements on a great number of elements. There wasn’t much left unsolved.” Der Gipfel seiner Übertreibung war seine folgende Einschätzung: „On a scale from zero to 10, with 10 being the best, I would say the meeting was 12.“ Der Mann schien hoch über dem Pazifik völlig abgehoben. Unten auf der Erde – bei Analysten, Kommentatoren und Thinktankern – sah man die Ergebnisse des Trump-Xi-Treffens etwas realistischer. Aber dazu später.
Vielleicht das wichtigste Ergebnis war, dass das Treffen überhaupt stattfand, und die beiden Präsidenten sich bei ihren opening remarks gegenseitig – ob ernst gemeint oder nicht – schmeichelten. Trump nannte Xi „a friend of mine, really for a long time now.” Er sei “a great leader of a great nation.” Xi erwiderte etwas prosaischer: “It feels very warm seeing you again.”
Nach dieser small-talk-Runde saßen sich die beiden jeweils siebenköpfigen Delegationen in einem schmucklosen Gebäude auf dem Flughafengelände von Busan gegenüber. Auf chinesischer Seite waren es neben Xi Jinping unter anderem Außenminister Wang Yi, Cai Qi und He Lifeng. Letzterer hatte bereits ein paar Tage vorher mit US-Finanzminister Pete Hegseth in Kuala Lumpur verhandelt. Dort wurden die zentralen Ergebnisse ausgehandelt, die in Busan nur noch abgenickt wurden. Deshalb dauerte das Treffen dort auch nur eine Stunde und 20 Minuten, zumal gewisse – nach wie vor umstrittene -Themen wie TikTok, Chips und Taiwan ganz ausgeklammert wurden.
Was sind nun die Ergebnisse von Busan?
Ein gemeinsames Kommuniqué nach den Gesprächen gab es nicht. Es gab zunächst nur die blumigen Aussagen von Donald Trump in der Air Force One und in seinem sozialen Dienst „Truth Social“ sowie ein nüchternes Statement des chinesischen Handelsministeriums Mofcom. Erst zwei Tage später, am 1. November, legte das Weiße Haus nach und veröffentlichte einen Fact Sheet mit detaillierteren Angaben. Und da zeigen sich erste Widersprüche zwischen amerikanischen und chinesischen Angaben. Vieles muss offenbar noch im Detail ausgehandelt werden, was weiteren Zank zur Folge haben könnte.
Hier nun der Versuch einer Zusammenfassung der Vereinbarungen:
- Zölle: Die USA streichen den zehnprozentigen „Fentyl-Zoll“ auf chinesische Waren. Dadurch vermindern sich die US-Zölle auf chinesische Waren von 57 auf 47 Prozent. Die von Trump angekündigten Zölle von 100 Prozent sind damit erst einmal vom Tisch.
- Seltene Erden: China nimmt seine Exportbeschränkungen für Seltene Erden vom 9. Oktober zurück. Damit ist auch der Lieferstopp dieser wichtigen Rohstoffe für Rüstungsfirmen aufgehoben. Ob auch die chinesischen Exportbeschränkungen vom April 2025 aufgehoben sind, ist unklar. Im Papier des Weißen Hauses wird von einem „ de facto removal of controls China improved in April 2025“ ausgegangen. China sieht das offenbar anders und will die Exportrestriktionen vom April (sie betreffen vor allem Gallium, Germanium und Antimonium) beibehalten, auch als mögliches Faustpfand für weitere Auseinandersetzungen.
- Nichttarifäre Handelshemnisse: Im US-Papier heißt es: „China will suspend or remove all of the retaliatory non-tariff countermeasures taken against the United States since March 4, 2025, including China´s listing of certain American companies on its end-user and unreliable entity list.” Im Mofcom-Papier steht darüber kein Wort.
- Entity-List: Die USA setzten die sogenannte „50-Percent-Entity-List“ aus. Sie besagte, dass auch Tochterfirmen – mehrheitlich im Besitz von China-Konzernen, die auf diversen amerikanischen Sanktionslisten stehen – sanktioniert werden können. Das ist besonders im Falle des niederländischen Chipherstellers Nexperia relevant, denn der ist eine Tochter des chinesischen Techkonzerns Wingtech.
- Schiffe: Beide Nationen nehmen ihre Sanktionen gegenüber Schiffen des jeweils anderen Landes zurück. Seit dem 14. Oktober mussten zum Beispiel chinesische Containerschiffe, die ihre Ladung in amerikanischen Häfen löschen wollten, 50 Dollar pro Netto-Tonne bezahlen. China hatte als Vergeltung ähnliche Strafzahlungen für amerikanische Schiffe erhoben (siehe auch untenstehenden Artikel).
- Sojabohnen: China nimmt den Kauf von Sojabohnen in den USA wieder auf. Die amerikanische Seite spricht von 25 Millionen Tonnen pro Jahr ab 2026 bis 2028. Im Mofcom-Statement ist lediglich von der „expansion des agricultural trade“ die Rede. Für Trump ist dieser Punkt ganz wichtig, gehören doch viele Farmer zu seinen Stammwählern. Entsprechend verkündete Trump auf „Truth Social“ freudig: „Our Farmers will be very happy.” Und er verband dies mit einem speziellen Lob für Xi Jinping: „I would like to thank President Xi for this.“ Als eine Goodwill-Aktion hat der Staatliche Nahrungsmittelkonzern Cofco bereits drei Cargo-Ladungen über 150 000 Tonnen Sojabohnen in den USA geordert.
Die meisten Suspensionen und Abmachungen gelten für ein Jahr. Herrscht nun ein Jahr Ruhe im Handelskonflikt zwischen China und den USA? Ich bin skeptisch – wie die meisten Experten und Kommentatoren, die ich hier im Folgenden zitiere:
Alicia Garcia Herrero (Natixis) : “Trump-Xi talks end in truce, not deals, with new potent risks.”
William Pesek in Asia Times: “Trump’s ‘amazing’ bargain with Xi turns out a dude.”
Tong Lu (Nomura): “We believe the superpower rivalry will likely escalate in the future.”
Chang Shu (Bloomberg Economics): “The new reality for US-China ties appears to be one of frequent ruptures and short-term fixes.”
Jeremy Goldkorn (The China Week): “It’s just back to the status quo a few months ago. The minimally good vibes from the Trump-Xi meeting are unlike to last long anyway.”
Christoph Hein kommentiert in der FAZ: „Es reicht ein Funke, und die Drohspirale dreht sich von Neuem.“
Info:
Hier die Erklärung des chinesischen Handelsministeriums: https://english.news.cn/20251030/1fecb04e94d24893a7307b90497cc148/c.html?utm_source=substack&utm_medium=email
Und hier das Fact Sheet des Weißen Hauses: https://www.whitehouse.gov/fact-sheets/2025/11/fact-sheet-president-donald-j-trump-strikes-deal-on-economic-and-trade-relations-with-china/?utm_source=substack&utm_medium=email
Weitere Redaouts und Statements: https://www.geopolitechs.org/p/trump-xi-meeting-transcripts-readouts?utm_source=post-email-title&publication_id=2100547&post_id=177547514&utm_campaign=email-post-title&isFreemail=true&r=1cv&triedRedirect=true&utm_medium=email