Sebastian Heilmann war der Gründungsdirektor des Mercator Instituts on China Studies (Merics), das ja nicht gerade als China-freundlich gilt. Bis 2018 war Heilmann dort Chef, dann ging er wieder dorthin zurück, wo er herkam – an die Universität Trier. Es wurde danach in der breiten Öffentlichkeit etwas ruhiger um ihn. Aber nun meldet er sich mit zwei interessanten Veröffentlichungen zurück. Die erste ist ein eher wissenschaftliches Buch, in dem er (und sein Co-Autor Bastian Dürr) sich mit dem Begriff der Geoökonomie auseinandersetzen und das angesichts der Sanktionen und Exportrestriktionen just zum richtigen Zeitpunkt erscheint.
Das zweite Werk ist ein Gastbeitrag in dem FAZ-Newsletter PRO Weltwirtschaft (16. Oktober) mit der Überschrift: „China, nicht Trumps Washington, ist die wahre Weltmacht.“ Er prophezeit darin, dass bereits Ende dieses Jahrzehnts China die dominierende Weltmacht und damit das Ende der US-Hegemonie besiegelt sei. Diese Entwicklung habe Trump beschleunigt. Seine Politik des „America First“ verprelle Verbündete, schwäche Allianzen und mindere Amerikas Stahlkraft. Die USA wirken nicht mehr verlässlich. Das amerikanische Leitmodell verliere an weltweiter Attraktivität. China hingegen könne sich dadurch als berechenbar und kooperativ präsentieren. China gewinne an „soft power“. Amerikaner und Europäer machten sich etwas vor, wenn sie China vornehmlich als schwächelnden Riesen bezeichneten. Der „kranke Mann“ sei nicht China, sondern „es sind die USA und Europa“. Heilmann findet es bemerkenswert, dass die amerikanischen und europäischen Medien „den Blick fast ausschließlich auf die Schwächen Chinas richten“. Diese Schwächen (Immobilienkrise, Verschuldung lokaler Verwaltungen, demographische Alterung, Disziplinierung privater Unternehmen, Korruptionsfälle im Militär) leugnet Heilmann nicht, aber sie verstellten den Blick auf die globalen Kräfteverlagerungen. Die strukturellen Probleme Chinas seien im Vergleich zu den Bruchlinien in westlichen Gesellschaften weit weniger systembedrohend. China sei längst das industrielle Zentrum der Welt. China habe sich zudem als Wissenschafts-Supermacht etabliert. Außerdem die waffentechnische Überlegenheit der USA nicht mehr gesichert. Nur auf dem Feld der Finanz- und Währungsmärkte erscheint die Führungsrolle der USA noch weitgehend unangefochten.
Info:
Der Artikel im FAZ-Newsletter PRO Weltwirtschaft: https://www.faz.net/pro/weltwirtschaft/sonderthema/china-prescht-voran-nicht-trumps-usa-ist-die-weltmacht-accg-110729449.html
Hier die Daten zum Buch: Sebastian Heilmann/Bastian Dürr: „Geoeconomics: How Geopolitical Rivalries Reshape Global Markets“, nur über Amazon erhältlich, 208 Seiten, 34,95 Euro (gebunden), 14,95 Euro (Taschenbuch).