Die Erwartungen an das Gipfeltreffen zwischen China und der EU waren gering. Und diese geringen Erwartungen wurden erfüllt. Die üblichen diplomatischen Floskeln überdeckten nur mühsam die Differenzen zwischen den beiden Blöcken. Schon im Vorfeld war klar, dass dies keine harmonische Veranstaltung werden würde, obwohl man eigentlich 50 Jahre chinesisch-europäische Beziehungen feiern wollte. Chinas Führung versuchte im Vorfeld „gut Wetter“ zu machen, als sie am 16. Juli die Sanktionen gegen den ehemaligen Europaparlamentarier und China-Kritiker Reinhard Bütikofer aufhob. Auch die Einladung von Mikko Huotari, Chef des ebenfalls sanktionierten Thinktanks Mercis in Berlin, Mitte Juli nach Beijing sollte eine chinesische Geste sein. Aber beides wurde von europäischer Seite ignoriert. Stattdessen integrierte die EU in ihrem 18. Sanktionspaket gegen Russland erstmals zwei kleine Banken aus dem Nordosten Chinas. Das verärgerte wiederum Chinas Führung. Hinzu kamen protokollarischen Differenzen. Dem Turnus entsprechend sollte das Treffen eigentlich in Brüssel stattfinden, aber Chinas Führung – allen voran Xi Jinping – wollte nicht in die europäische Hauptstadt kommen. Stattdessen plante man lange Zeit ein zweitägiges Treffen: den ersten Tag in Beijing, wo die politischen Gespräche stattfinden sollten, den zweiten Tag in Hefei, der aufstrebenden Wirtschafts- und Technologiemetropole in der Provinz Anhui, wo man Wirtschaftsthemen diskutieren wollte. Letzterer Teil wurde wenige Tage vorher abgesagt. Stattdessen traf man sich nur zu politischen Gesprächen in Beijing. Am Vormittag des 24. Juli fand ein Treffen der europäischen Delegation – angeführt von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Ratspräsident Antonio Costa und der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas – mit KP- und Staatschef Xi Jinping statt. Nachmittags folgte dann ein Meeting mit Ministerpräsident Li Qiang.
Drei Themen bestimmten die Diskussionen.
- Die Unterstützung Chinas des russischen Angriffskriegs. Für die EU ist das der Knackpunkt, der die Beziehungen zwischen China und der EU am meisten belastet. Mantramässig forderte Antonio Costa Chinas Führung auf, ihren Einfluss auf Putin zu. nutzen, um zu einer Beendigung des Krieges beizutragen. Wie stets stieß diese Forderung bei den chinesischen Gesprächspartnern auf taube Ohren.
- Überkapazitäten – das neue Megathema. Die EU äußerte – so steht es in der Pressemitteilung nach dem Treffen – ihre „concerns about ongoing systemic distortions and growing manufacturing overcapacity“. Sie wirft China vor, dass sie die europäischen Märkte mit subventionierten Produkten überschwemmen würden. Als Beweis hierfür muss der Handelsüberschuss Chinas mit der EU herhalten. Er betrug vergangenes Jahr 306 Milliarden Euro. Von der Leyen wurde in dieser Frage ziemlich deutlich: „We have reached an inflection point. Rebalancing our bilateral relations is essential.“ Xi Jinping konterte: „Die aktuellen Herausforderungen für Europa kommen nicht von China.“ Die Verbesserung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit könne nicht durch den Bau von Mauern und Festungen erreicht werden. Er zielte damit auf die EU-Ausgleichszölle auf chinesische Elektroautos an. Von chinesischer Seite wird auch darauf hingewiesen, dass die EU und insbesondere auch Deutschland jahrzehntelang ander Länder und Regionen mit ihren Waren, insbesondere Autos „überschwemmt“ hätten.
- Die Seltenen Erden. Eigentlich zielt ja China bei den Beschränkungen seiner Exporte von Seltenen Erden auf die USA. Aber inzwischen ist auch Europa betroffen. Man nimmt offenbar von chinesischer Seite den Kollateralschaden in Kauf – oder man will die Seltenen Erden als Druckmittel auch gegenüber Europa nutzen.
Immerhin: Bei einem Punkt erzielten die beiden Parteien eine Einigung. Sie einigten sich auf ein „Joint EU-China press statement on Climate“. In dem Ein-Seiten-Papier wird die positive und produktive bilaterale Zusammenarbeit beim Bekämpfung des Klimawandels gewürdigt und die Fortsetzung gemeinsamer Anstrengungen gefordert: “EU and China must lead global efforts to reduce greenhouse gas emissions.“
Info:
Hier die Pressemitteilung der EU nach den Gesprächen:
Hier die gemeinsame Presseerklärung zum Klimawandel:
Hier die Zusammenfassung aus Xinhua-Sicht: https://english.news.cn/20250724/9bcda7e024ef4b5f9530e08a0f838993/c.html?utm_source=substack&utm_medium=email