POLITIK I EU und China auf Konfrontationskurs

Mitten im heißen Sommer herrscht zwischen China und der Europäischen Union Eiszeit. Ausgerechnet im 50. Jahr nach der Aufnahme der Beziehungen zwischen der Volksrepublik China und der Europäischen Union ist man auf einem konfrontativen Kurs. Das wurde beim Besuch des chinesischen Außenministers Wang Yi vergangene Woche in Europa deutlich. Da halfen auch alle diplomatischen Floskeln nichts. Sie konnten die Meinungsverschiedenheiten der beiden Seiten nicht übertünchen.

Die Tonlage gab die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas vor. Unmittelbar vor der Ankunft Wangs in Brüssel am vergangenen Mittwoch (2. Juli) kritisierte sie China mit deutlichen Worten. Der ehemaligen estnischen Regierungschefin missfällt vor allem die enge Beziehung Chinas zu Russland: “China is not our adversary, but on security our relationship is under increasing strain. Chinese companies are Moscow’s lifeline to sustain its war against Ukraine.” Des Weiteren warf Kallas China vor, dass es Cyberangriffe führe, in unsere Demokratien eingreife und unfairen Handel betreibe. Diese Aktionen gefährdeten Europas Sicherheit und Arbeitsplätze. Russlands Krieg zu unterstützen und gleichzeitig bessere Beziehungen zur EU einzufordern, passe nicht zusammen: „I’ll be clear that enabling war in Europe while seeking closer ties with Europe is a contradiction Beijing must address.” Die FAZ kommentiert die Wortwahl von Kallas: „Das war für diplomatische Verhältnisse maximal konfrontativ,.“

Kallas liegt mit ihrer Kritik voll auf der Linie ihrer Chefin, der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie hatte beim G7-Gipfel in Kanada Mitte Juni heftig gegen China gewettert. Dort sprach sie von „Dominanzgehabe“ und „Erpressung“, meinte aber nicht die Trump-Administration, sondern Chinas Führung. Wörtlich sagte sie: „Das größte kollektive Problem im Welthandel ist nicht der Zollkrieg, sondern Chinas Mitgliedschaft in der WTO.“ Diese harsche Kritik verwunderte, denn zuvor war von der Leyen durch konziliantere Töne gegenüber China aufgefallen. Es sei in diesem Zusammenhang an ihre Rede am 21. Januar beim World Economic Forum in Dav0s erinnert. Dort sagte sie unter anderem: 2025 begehen wir den 50. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen unserer Union zu China. Ich sehe darin eine Gelegenheit, unsere Beziehungen zu China zu vertiefen. Es ist an der Zeit, im Geiste der Fairness und der Gegenseitigkeit ausgewogenere Beziehungen zu China zu pflegen.“

Warum der Stimmungsumschwung? Druck aus den USA? Bot Trump einen Deal an: Wir kommen euch bei den Zollverhandlungen entgegen, wenn ihr einen härteren Kurs gegenüber China fahrt? Alles Spekulation. Ebenso wie die Frage, ob die neue deutsche Regierung für eine schärfere Gangart der EU gegenüber China plädiert. Tatsche jedenfalls ist: Bundeskanzler Friedrich Merz ist gegenüber China kritischer eingestellt als sein Vorgänger Olaf Scholz. Auch Außenminister Johann Wadepuhl

tickt ähnlich. Das kam auch bei Wangs Besuch am 3. Juli in Berlin zum Ausdruck.

Angesichts dieser Spannungen zwischen der EU und China stehen große Fragezeichen hinter dem Gipfeltreffen EU-China, das am 24. und 25. Juli in China stattfinden soll. Der ursprüngliche Plan war, dass am ersten Tag die beiden EU-Spitzen Ursula von der Leyen und António Costa mit Staatschef Xi Jinping und Ministerpräsident Li Qiang zusammentreffen. Danach sollte es nach Hefei gehen, der Hauptstadt der Provinz Anhui, gehen. Hefei hat sich in den vergangenen Jahren zu einer High-Tech-Metropole entwickelt. Auch Volkswagen ist dort sehr stark vertreten. Anhui ist auch Partnerregion des Landes Niedersachsen. Diese Partnerschaft hatte einst Ernst Albrecht, der Vater von Ursula von der Leyen, Mitte der 80er Jahre eingefädelt. Da in China viel Wert auf Symbolik gelegt wird, kann man die Ortswahl als Entgegenkommen Chinas gegenüber der EU-Kommissionspräsidentin werten. Doch nun soll China diesen zweiten Tag in Hefei gestrichen haben, meldete die Nachrichtenagentur Bloomberg. Aus Verärgerung, heißt es. Zeitweise soll gar das gesamte Gipfeltreffen auf der Kippe gestanden haben. Derzeit ist unklar, was am 24. und 25. Juli passieren wird, wer wo mit wem redet. Aber eines ist klar: So schlecht waren die Beziehungen schon lange nicht mehr.

Info:

Video von der Pressekonferenz mit Wang Yi und Johann Wadepuhl: https://www.youtube.com/live/M7HgsqJnj1I

Statement von Kaja Kallas nach dem Treffen mit Wang Yi: https://www.eeas.europa.eu/eeas/china-high-representativevice-president-kaja-kallas-holds-eu-china-strategic-dialogue-foreign_en

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