POLITIK I Chinesische Ehefrau? – keine Chance im AA

Tobias Beck (33) hat sich in jungen Jahren schon viel China-Kompetenz angeeignet. Er hat jahrelang in China gelebt, zwei Jahre an der Fudan Universität in Shanghai studiert, und er hat in Beijing und Shanghai für die GIZ und die Friedrich-Ebert-Stiftung gearbeitet. Er sagt, er habe „fast jeden Winkel des Landes“ bereist. Und er spreche verhandlungssicher Mandarin. Seit August vergangenen Jahres arbeitet er als Referent auf Vertragsbasis im Auswärtigen Amt in der Abteilung Asien Pazifik. Sein Ziel war es, in den Diplomatischen Dienst einzutreten. Er bewarb sich um die Attaché-Ausbildung und bekam im Januar die freudige Nachricht, dass er für die im Mai beginnende Attaché-Ausbildung qualifiziert sei. Doch einen Monat vor Beginn der Ausbildung bekam er eine Absage. Hauptgrund: Er sei mit einer Chinesin verheiratet, deren Eltern zudem noch in China lebten. Es wird damit der Vorwurf suggeriert, er sei erpressbar. Aber es wurden ihm auch seine China-Aufenthalte „vorgeworfen“. Beck war nicht der einzige, der mit dieser Begründung kurz vor Antritt der zweijährigen Ausbildung abgelehnt wurde. Auch Eugen Zak, DAAD-Lektor in Qingdao, traf eine Absage mit ähnlichen Argumenten.

Als sie nach den rechtlichen Grundlagen für ihre kurzfristige Ablehnung im AA nachfragten, bekamen sie lediglich zur Auskunft, dass es seit Neuestem einen Erlass geben soll, wonach Bewerber mit Angehörigen aus der sogenannten „Staatenliste“ nicht mehr genommen werden. Beck und Zack überlegten kurz, ob sie auf Einstellung klagen sollten. Aber nach Rücksprache mit ihren Anwälten sahen sie davon ab, weil eine Aussicht auf Erfolg gering schien. Stattdessen schrieben die beiden China-Kenner einen Brief an den neuen Außenminister Johann Wadephul, auch weil sie hofften, dass er den wohl unter seiner Vorgängerin stammenden Erlass zumindest überprüft. In der Betreffzeile des Briefes vom 16. Mai heißt es denn auch: „Bitte um Prüfung der neuen Einstellungspraxis im Höheren Auswärtigen Dienst bezüglich Angehöriger in Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken (SmbS)“. In dieser vom Bundesministerium des Innern (BMI) erstellten Liste sind 26 Staaten aufgeführt – von Afghanistan bis Vietnam – und eben auch China. Beamtenanwärter mit Angehörigen aus diesen Ländern werden überprüft. Dagegen ist nichts einzuwenden. Aber die negative Sicherheitsüberprüfung führte bislang nicht zu einer generellen Ablehnung. So gibt es im AA durchaus Beschäftigte mit Angehörigen aus dieser Staatenliste. Sie bekommen aber Auflagen, werden zum Beispiel von sicherheitsrelevanten Dienstposten ausgeschlossen. Doch nun findet offenbar keine Einzelfallprüfung mehr statt, sondern gleich eine pauschale Ablehnung: „Eine vollständige Verweigerung der Einstellung stellt…einen Bruch mit der bisherigen Praxis dar“, schreiben Beck und Zak. Diese neue Praxis sei ungerecht und unverhältnismäßig, indem sie Menschen unter Generalverdacht stelle. Chinakundige Bewerberinnen und Bewerber mit familiären Bezügen zum Land seien nicht per se ein Sicherheitsrisiko. Zugleich sei diese neue Praxis auch langfristig sicherheitspolitisch kontraproduktiv: „Das AA droht hierdurch genau jene (China-)Kompetenz zu verlieren bzw. gar nicht erst aufzubauen, die es so dringend benötigt. Mehr China-Kompetenz wird ja explizit in der China-Strategie der Bundesregierung gefordert.

Der Brief an Johann Wadephul schließt mit der Bitte, „diese neue Einstellungspraxis des AA… kritisch zu überprüfen.“

Am 16. Juni bekamen die beiden Briefschreiber vom AA eine Antwort. Darin wird aber ihre Ablehnung wortreich bestätigt. Jetzt haben sie nur noch eine minimale Hoffnung: Der Auswärtige Ausschuss des Bundestages will sich mit ihrem Fall offenbar beschäftigen. Das hörte Beck aus den Reihen der Abgeordneten, die sie ebenfalls angeschrieben haben.

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