WISSENSCHAFT I Merics forscht fürs Forschungsministerium

Auch eine Bildungs- und Forschungsministerin ist lernfähig. Im Bundestag sagte Bettina Stark-Watzinger vor ziemlich genau zwei Jahren einen kühnen Satz: „Wir müssen unsere Technologieführerschaft verteidigen?“ Wie bitte? Welche Technologieführerschaft? Wo liegt Deutschland, wo Europa vorne? Fast nirgends. Das belegen viele Studien. Führend sind andere, allen voran die USA und China. Dass die USA eine High-Tech-Nation sind, das weiß man. Aber China? Da tun sich viele noch schwer, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Aber immerhin hat Stark-Watzinger erkannt, dass es keine kluge Strategie ist, die Augen vor Chinas technologischer Aufholjagd zu verschließen. Jetzt sagt sie: „China wird in Wissenschaft und Forschung immer mehr zum Wettbewerber und systemischen Rivalen.“ Basierend auf dieser späten Erkenntnis hat deshalb ihr Ministerium beschlossen, die technologische Entwicklung Chinas stärker zu beobachten und zu analysieren, was das für Europa und speziell Deutschland bedeutet. Da ihr Ministerium, das BMBF, diese Konkurrenz- (oder Feind-?) Beobachtung aber mangels Kapazität und Know-how nicht selbst tätigen kann, hat sie diese Aufgabe einem Thinktank übertragen. Der heißt – wen wundert’s – Mercator Institute for China Studies (Merics) und ist so etwas wie die Lieblingsberatung der Bundesregierung. Rund 460 000 Euro bekommt Merics vom BMBF, um das Projekt China Tech Observatory (CTO) aufzusetzen. Am 26. September startete das zunächst auf drei Jahre angesetzte Projekt. Es soll – so heißt es in einer Merics-Mitteilung – „Chinas rasante Fortschritte auf dem Weg zur einflussreichen Wissenschafts- und Technologienation begleiten und analysieren.“ Sechs Technologiebereiche sollen besonders intensiv beobachtet werden: Künstliche Intelligenz, Halbleiter, Grüne Technologien, Internet- und Kommunikationsdienstleistungen, Biotechnologie und Quantentechnologie. Ein fünfköpfiges Team wurde dazu beim Merics installiert. Leiterin ist Antonia Hmaidi (ihre Schwerpunkte: Halbleiter, Quantentechnologien und Internet-Infrastruktur). Ihre Mitstreiter sind Jeroen Groenewegen-Lau (Biotechnologie und Quantentechnologie), Wendy Chang (Künstliche Intelligenz, Halbleiter und grüne Technologien), Rebecca Arcesati (Regulierung Künstlicher Intelligenz sowie Internet- und Kommunikationstechnologien) und Alexander Brown (Industriepolitik, Biotechnologie und grüne Technologien). Sie werden Reports produzieren (der erste über Quantentechnologie ist gegen Jahresende geplant), Workshops veranstalten (der nächste ist über Biotechnologie vorgesehen) und einen vierteljährlichen Newsletter veröffentlichen.

Das Projekt hat auch eine wissenschaftspolitische Dimension: „Das China Tech Observatory ermöglicht es uns, die Risiken von China-Kooperationen in denjenigen Feldern besser einschätzen zu können, in denen wir deutsche und europäische Interessen ganz besonders schützen müssen”, sagt Stark-Watzinger. Am Ende könnten also vom BMBF Ratschläge (oder gar Anweisungen) erfolgen, in welchen Technologiebereichen man noch mit China kooperieren darf oder nicht.

Info:

Hier die Website der China Tech Observatory bei Merics: https://merics.org/de/china-tech-observatory

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