Ende Juni waren in China 10,2 Millionen Ladesäulen in Betrieb, an denen die Batterien von Elektroautos wieder aufgeladen werden können. Allein im ersten Halbjahr 2024 kamen 1,6 Millionen neue Ladesäulen hinzu. Trotzdem sind es immer noch zu wenig, vor allem weil die Zahl der Elektroautos in China drastisch zunimmt. Mitte des Jahres wurden erstmals in China mehr sogenannte New Energy Vehicles (NEVs) verkauft als „Verbrenner-Autos“. Bis Ende 2024 werden wohl rund 30 Millionen NEVs auf Chinas Straßen unterwegs sein. Mit diesem Tempo kann die Lade-Infrastruktur trotz aller Bemühungen nicht mithalten. Deshalb macht sich auch in China unter den E-Autofahrern Unmut über zu lange Wartezeiten an den Ladesäulen breit. Nach einer Umfrage sollen 70 Prozent der Fahrer von NEVs unzufrieden sein.
Auto- und Stromkonzerne, aber auch Startups versuchen mit innovativen Lösungen, diesem Unmut entgegenzuwirken. Hier eine Übersicht über die aktuellen Trends und Tendenzen im Ladebusiness in China:
- Supercharging Stations: Der staatliche Stromgigant State Grid hat gerade in Beijing zwei sogenannte Supercharging Stations in Betrieb genommen. In den Stadtbezirken Daxing und Fengtai stehen nun Ladestationen mit einer maximalen Leistung von 600 Kilowatt. Sie können bis zu 700 Autos täglich mit dem nötigen Strom versorgen. In der zweiten Hälfte des Jahres will State Grid weitere neun solcher Stationen in Beijing installieren. Chinesische Modellstadt der schnellen Ladestationen ist jedoch die High-Tech-Metropole Shenzhen im Süden des Landes. Die Stadt, in der mit BYD auch der größte Elektroautobauer angesiedelt ist, sieht sich als weltweiter Vorreiter in der Supercharging-Infrastruktur.
- Laderoboter: „Sind Ladesäulen ein Auslaufmodell?“ fragt der in Beijing lebende Berater Henrik Bork in einem Artikel der Fachzeitschrift „Kfz-Betrieb“. Er beschreibt darin das Aufkommen von sogenannten Laderobotern. Der geniale Grundgedanke: Die Autos fahren nicht mehr zu den Ladestationen, diese kommen zu den Autos in Form eines Laderoboters. Schon 40 chinesische Hersteller bauen solche mobilen Ladegeräte. Autofirmen und Stromkonzerne mischen mit, aber auch Startups wie zum Beispiel Zhongmu Technology. Das bereits an der Nasdaq gelistete Unternehmen aus Shanghai baut den Flashbot, einen autonom agierenden Laderoboter. Er wird per Handy-App gerufen, fährt selbständig zu dem geparkten E-Auto und beginnt mit dem Laden. Bevorzugt kommen diese Laderoboter auf Parkplätzen von Shopping Malls, Supermärkten und Autobahnraststätten zum Einsatz.
- Batteriewechselstationen: Der chinesische Elektroautobauer Nio setzt stark auf dieses Modell des Batterietausches. Man fährt in eine Wechselstation, die nicht viel größer ist als eine Garage. Dort wird innerhalb von wenigen Minuten die Batterie ausgetauscht. Rund 2500 solcher Stationen hat Nio in China inzwischen in Betrieb. Profitabel sind die meisten von ihnen allerdings noch nicht. Erst, wenn 60 Batterien am Tag getauscht werden, rechneten sich die Stationen, sagte Nio-Gründer William Li vor der Presse am 20. August. Derzeit erreichte nur jede fünfte Station diese Gewinnschwelle. Trotzdem setzt Li weiter auf das Modell Batteriewechsel. Bis Ende 2025 sollen in 27 der 34 chinesischen Provinzen solche Stationen stehen. Um diesen Ausbau zu beschleunigen, will Li in Wuhan eine Fabrik bauen, die jährlich mindestens 1000 Tauschstationen produzieren soll. Zunehmend will Nio seine Wechselstationen auch für andere Automarken öffnen. In das Geschäft mit Batteriewechselstationen will nun auch massiv der Batteriehersteller CATL einsteigen. Dessen CTO Gao Huan kündigte am 31. August bei einem Kongress in Yibin an, dass CATL bis 2030 mehr als 10 000 solcher Stationen errichten werde.
Info:
Supercharging-Stationen in Beijing: https://www.youtube.com/watch?v=Zv6_k5Za6kk
Artikel über Laderoboter: https://www.kfz-betrieb.vogel.de/sind-ladesaeulen-ein-auslaufmodell-a-e95ed30a0b688f05983d568320ba9157/
Batteriewechselstationen von Nio: https://www.youtube.com/watch?v=DWkgulB6eEs