Viele China-Watcher weltweit kennen und schätzen seine Newsletter Pekingnology und The East Is Read. Aber wer ist die Person, die dahintersteckt? Es ist ein gewisser Wang Zichen. Nachdem er in den vergangenen Monaten erst Scott Kennedy (CSIS) und dann Kaiser Kuo (Sinica) in deren Podcasts Rede und Antwort stand, weiß man mehr über Wang Zichen. Vor allem im Sinica-Podcast erfährt der Hörer einiges über Wang.
Wang ist 35 Jahre alt und stammt aus der Provinz Shandong. Er hätte gerne an einer der berühmten Law Schools in den USA studiert, aber dazu reichte das Geld nicht. So musste er sich mit einem Studium der Finanzwirtschaft an der eher zweitklassigen Shandong University of Finance and Economicd in Jinan begnügen. Und auch sein danach erfolgter Einstieg in den Journalismus war nicht unbedingt seine erste Berufswahl. Bei der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua wurde er im Sommer 2011 erst einmal in die nördlichste (und kälteste) Provinz des Landes geschickt – nach Heilongjiang, an der russischen Grenze gelegen. Fast vier Jahre hielt er es dort aus, ehe er in das Xinhua-Büro nach Jinan, der Hauptstadt seiner Heimatprovinz Shandong, versetzt wurde. Während dieser Zeit verbesserter er auch seine Englisch-Kenntnisse, indem er The Wall Street Journal las und amerikanische TV-Serien wie The West Wing schaute. Nach zweieinhalb Jahren, Ende 2017, dann der große Sprung ins Ausland, ins Xinhua-Büro in Brüssel, wo er über die Beziehungen zwischen der EU und China berichtete.
Während seiner Brüsseler Zeit – im Mai 2020 – startete er mit seinem Newsletter Pekingnology. Er wollte damit eine Marktlücke füllen. Denn es habe bis dato keinen Newsletter gegeben, der Dokumente, Artikel und Reden aus dem Chinesisch ins Englische übersetzt habe. Wang lässt damit die nicht-chinesisch sprechende Welt an der innerchinesischen Diskussion teilnehmen. Bei ihm kommen viele Wissenschaftler zu Wort – auch solche, die nicht unbedingt auf Parteilinie sind. Wie findet er die Artikel und Reden, und wie wählt er sie aus? „Ich lese sehr viel“, sagt er, „und als ehemaliger Xinhua-Journalist bin ich gewohnt, Reden und Dokumente zu analysieren.“ Seit Herbst 2022 ist Wang nicht mehr bei Xinhua, wo er zuletzt in der Beijinger Zentrale arbeitete. Damals sprach ihn Wang Huiyao an. Er hatte 2008 in Beijing den Thinktank Center for China and Globalization (CCG) gegründet. Er nennt sich die einzige partei- und staatsunabhängige Denkfabrik Chinas (siehe CHINAHIRN 21. Mai 2024). Wang Zichen ist dort Research Fellow und Direktor für internationale Kommunikation. In dieser Funktion und im Auftrag von CCG gibt er noch einen zweiten Newsletter heraus: The East Is Read. Er ist ähnlich strukturiert wie Pekingnology.
Natürlich stellt sich die Frage, wie unabhängig kann jemand sein, der elf Jahre bei Xinhua gearbeitet hat. Auch Kaiser Kuo stellte ihm diese Frage. Wang antwortete zunächst, dass er die berechtigte Frage verstehe, und verwies dann auf die internationale Zustimmung zu seinem Newsletter, der inzwischen rund 14 000 Abonnenten habe. So hat ihn zum Beispiel David Rennie, der Bürochef des Economist in Beijing, empfohlen. Und für den China-Britain Business Council gehört Pekingnology zu den „10 Essential China Newsletters“. Der amerikanische Thinktanker Scott Kennedy (CSIS) adelte ihn sogar als „a rising star amongst Chinese public intellectuals“.
Auch dem amerikanischen Außenministerium ist der junge Intellektuelle aus China aufgefallen. Im vergangenen Herbst lud ihn das State Department zu seinem International Visitor Leadership Programm ein. Drei Wochen tourte Wang durch die USA. Artig bedankte er sich danach mit den Worten: „It’s a great country, it’s the Number One in the World.”
Info:
Hier der Sinica-Podcast mit Kaiser Kuo:
Und hier der Podcast mit Scott Kennedy (CSIS): https://www.csis.org/podcasts/china-field-notes-scott-kennedy/new-generation-chinese-intellectuals-wang-zichen-center
Hier die Links zu den Newsletters von Wang Zichen: https://www.pekingnology.com/ und https://www.eastisread.com/