POLITIK I Europwahl: Was die Grünen zu China sagen

Vom 6. bis 9. Juni wird in den 27 EU-Mitgliedstaaten das Europäische Parlament gewählt. Deutschland wählt traditionell am Sonntag, also steht hierzulande am 9. Juni der Urnengang an. Die nationalen Parteien und die europäischen Parteienbündnisse haben dazu ihre Wahlprogramme und Kandidatenlisten verabschiedet. In den vergangenen Ausgaben habe ich untersucht, was in diesen Programmen zur Außenpolitik und speziell zum Verhältnis zu China stand. In dieser Ausgabe werden als letztes gerade noch rechtzeitig vor der Wahl die Programme der Grünen vorgestellt.

Die Grünen haben auf ihrem Bundesparteitag Ende November 2023 in Karlsruhe ihr Wahlprogramm mit dem Titel „Was uns schützt“ verabschiedet. Die rund 800 Delegierten wählten zudem Terry Reintke als ihre Spitzenkandidatin. Die Thinktankerin und China-Expertin Janke Oertel (ECFR) fiel bei der Wahl für einen aussichtsreichen Listenplatz durch. Reintke bildet  zusammen mit dem Niederländer Bas Eickhout auch das Spitzenduo der europäischen Grünen für die anstehende Wahl. Beide wurden Anfang Februar bei einem Kongress in Lyon dazu gewählt. Außerdem wurde dort auch das Europäische Wahlprogramm der Grünen verabschiedet.

Das Wahlprogramm „Was uns schützt“ der deutschen Grünen umfasst 114 Seiten. Hier einige Auszüge mit direktem und indirektem Bezug zu China:

„Wirtschaftspolitik ist heute auch Sicherheitspolitik. Das bedeutet auch, dass wir Kritische Infrastruktur und strategisch wichtige Industriezweige vor geostrategisch motivierten Übernahmen schützen.“ (Kapitel „Was Wohlstand schützt“)

Insbesondere China, aber auch die USA mit ihrem Inflation Reduction Act investieren massiv in den Aufbau neuer Produktionsstandorte für Schlüssel- und Zukunftstechnologien. Wir nehmen diesen Wettbewerb an: Für die EU gilt es, dem eine eigene aktive Wirtschafts- und Industriepolitik entgegenzusetzen, die auf Europas Stärken aufbauend Schlüssel- und Zukunftsindustrien zurückholt, entwickelt und skaliert. (Kapitel „Was uns schützt“)

„China tritt immer autoritärer auf, bedroht seine Nachbarn und stellt die regelbasierte internationale Ordnung infrage. Chinas Konkurrenz mit Demokratien auf der ganzen Welt stellt auch unser Leben und Wirtschaften vor bedeutende Herausforderungen…Ein selbstbewusstes „Europa bietet weltweit Perspektiven für politische und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung – und damit ein dringend benötigtes Gegenangebot zum Einfluss insbesondere Chinas und Russlands.“ (Kapitel „Was Frieden schützt“)

Ausführlich wird China auf den Seiten 81ff. behandelt. Zu Beginn heißt es dort: „Für uns ist China Partner, wirtschaftlicher Wett-bewerber und systemischer Rivale. Durch Chinas zunehmend aggressives Auftreten auf der globalen Bühne tritt die Partnerschaft jedoch zunehmend in den Hintergrund. Im Innern handelt die chinesische Führung repressiver und autoritärer; nach außen verfolgt sie inzwischen offen hegemoniale und imperiale Ambitionen und versucht aggressiv, den eigenen globalen Einfluss zu erweitern.“ Außerdem: „Wir unterstützen die Einführung und den Einsatz des Anti-Coercion-Instruments der EU sowie einen koordinierten Ansatz bei Kontrollen von Investitionen in China und Exportrestriktionen im Bereich sensibler Technologien.“ Und zu Taiwan: „Wir betrachten Taiwan als demokratischen Wertepartner und setzen uns dafür ein, den wirtschaftlichen, kulturellen, zivilgesellschaftlichen und politischen Austausch zu intensivieren.“

Das Wahlprogramm der Europäischen Grünen hat schlanke 43 Seiten. Erst auf der drittletzten Seite kommt unter der Kapitelüberschrift „ Nicht mehr auf autoritäre Regime setzen“ China vor: Wir erkennen die Bedrohung an, die von China gegenüber Taiwan ausgeht und die den internationalen Frieden und die Sicherheit gefährdet. Wir plädieren für eine aktive, klarsichtige und gemeinsame EU-Politik gegenüber China. Die EU muss eine solide Menschenrechtspolitik umsetzen, die damit beginnt, dass wir unsere Lieferketten risikoärmer gestalten und unsere Selbstversorgung in einer Welt mit zunehmender klimatischer Instabilität und politischen Spannungen verbessern, wobei wir anerkennen, dass gegenseitige Abhängigkeit ein Schlüsselfaktor für ein friedliches internationales System und eine globale gerechte Transformation ist.

Info:

Wahlprogramm der Grünen: https://cms.gruene.de/uploads/assets/20240306_Reader_EU-Wahlprogramm2024_A4.pdf

Manifesto der European Greens: https://www.datocms-assets.com/87481/1713976996-europawahlprogramm-egp_de.pdf

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