WIRTSCHAFT I Der amerikanische TikTok-Bann

Der 19. Januar 2025 ist die Deadline. Bis dahin muss der Kurzvideodienst TikTok in den USA verkauft werden – oder er wird in den USA abgeschaltet. Nach dem Repräsentantenhaus hat am 23. April auch der Senat mit großer Mehrheit (79:18) beschlossen, der Tochter des chinesischen Konzerns ByteDance die Pistole auf die Brust zu setzen. Nur einen Tag später unterschrieb Joe Biden ein entsprechendes Gesetz. Interessant ist die Frist-Verlängerung durch den Senat. Das Repräsentantenhaus wollte ursprünglich eine Entscheidung innerhalb von sechs Monaten. Das hätte bedeutet, dass noch vor den Präsidentschaftswahlen am 5. November eine Entscheidung hätte fallen müssen. Daran konnte aber Biden kein Interesse haben. Denn ein TikTok-Bann noch während seiner Amtszeit hätte ihm womöglich viele Stimmen jüngerer Wähler gekostet, von denen viele TikTok-Fans sind. Der wendige Donald Trump, der in seiner Amtszeit TikTok verbieten wollte, hat sich inzwischen gegen ein Verbot ausgesprochen. Auf jeden Fall wird vor den Wahlen nun keine Entscheidung mehr fallen. In der Zwischenzeit werden sich wohl die amerikanischen Gerichte mit dem Fall TikTok beschäftigen. Schon vor der Unterzeichnung der Bill durch Joe Biden hatte TikTok in einer Mail an seine Mitarbeiter angekündigt: „We will move to the courts for a legal challenge.“ Das Gesetz sei „a clear violation of the First Amendment.“  (Dieser 1791 verabschiedete Artikel verbietet dem Kongress, Gesetze zu verabschieden, die u.a. die Rede- und Pressefreiheit einschränken). TikTok-Chef Shou Zi Chew bestätigte unmittelbar nach Bidens Unterzeichnung per Videobotschaft, dass das Unternehmen die Gerichte anrufen werde. Dabei zeigt er sich optimistisch: „The facts and Constitution are on our side and we expect pro prevail again.” Schon einmal – während Trumps Präsidentschaft – hatten die US-Gerichte einen erzwungenen Verkauf von TikTok untersagt. Sollten die Chinesen diesmal vor den US-Gerichten verlieren, so werden sie TikTok nicht an irgendwelche amerikanischen Interessenten verkaufen. Das hat die TikTok-Mutter ByteDance in einem Statement ganz klar gemacht. Lieber verlässt TikTok den US-Markt als dass es sein wertvolles Know-how (das ist vor allem der Algorithmus) einem amerikanischen Konkurrenten überlässt. Das ist auch ganz klar die Position der chinesischen Regierung. Sie hat bereits 2020 ein Export Control Law erlassen. Danach muss die Regierung einem Verkauf von gewissen Technologien ans Ausland zustimmen. Und Beijing hat schon mal deutlich gemacht, dass der Algorithmus von TikTok ein wichtiges technologisches Asset ist, dessen Verkauf sie nicht erlauben werden. Aber, wer weiß, vielleicht kommt es noch ganz anders. Denn der Deadline-Tag des 19. Januar 2025 ist der letzte Amtstag von Joe Biden. Er kann die Galgenfrist für TikTok dann nochmals um drei Monate verlängern. Und sollte dann Donald Trump wieder an die Macht gekommen sein, hätte TikTok auf dem US-Markt wieder eine Überlebenschance.

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