SPORT I Schwimmen auf der Erfolgswelle – dank Doping?

Vom 19. bis 27. April fanden in Shenzhen die chinesischen Schwimmmeisterschaften statt. Ein Ereignis, das normalerweise außerhalb Chinas wenig Beachtung gefunden hätte. Aber normal sind die Zeiten nicht. Denn just während die Schwimmerinnen und Schwimmer in Shenzhen ihre Bahnen zogen, berichteten die New York Times und die ARD von einem Dopingskandal im chinesischen Schwimmsport. Bei 23 von ihnen sollen im Vorfeld der Olympischen Spiele 2021 in Tokio Substanzen des verbotenen Herzmedikaments Trimetazidin (TMZ) gefunden worden sein. TMZ verleiht dem Herzmuskel unter Stress vermehrte Aktivität. Die Anti-Dopingbehörden – die chinesische Chinada wie auch die globale Wada – bestätigten, dass die Substanz bei den 23 Athleten gefunden wurde. Aber Chinada hatte eine Erklärung dafür: Alle 23 Athleten hätten während eines Wettkamps in Shijiazhuang in demselben Hotel gespeist. Und in der Küche dieses Hotels – im Dunstabzug, an Gewürzcontainern und im Abfluss – dieses Hotels seien Spuren von TMZ gefunden worden.  Das Mittel sei demnach ohne Wissen der Athleten in ihren Körper gelangt, sagte die Chinada nach einer Untersuchung des Falles. Und die Wada schloss sich diesem Urteil an. Selbst konnte sie keine Ermittler nach China schicken, denn das Land war ja damals wegen Corona dicht.

Ein paar Monate danach erzielten die chinesischen Schwimmerinnen und Schwimmer bei den Olympischen Spielen in Tokio das beste Ergebnis ihrer Geschichte: dreimal Gold, zweimal Silber und einmal Bronze. Und auch danach sahnten sie bei großen Events ab. Bei den Weltmeisterschaften 2023 in Fukuoka und im Februar 2024 in Doha standen viele Chinesen auf dem Siegertreppchen. Allen voran der 19jährige Pan Zhanle. Er ist der Star auf der Paradestrecke, den 100 Meter Freistil. In dieser Disziplin stellte er in Doha mit 46,80 Sekunden einen neuen Weltrekord auf. Soeben blieb er bei den nationalen Meisterschaften erneut mit der Siegerzeit von 46,96 unter der 47-Sekunden-Marke. Pan mutet sich in Paris bei den Olympischen Spielen ein Mammutprogramm zu: Er will über 50, 100, 200 und 400 Meter Freistil starten. Ein weiterer chinesischer Superstar ist Qin Haiyang, der von der Freistil- auf die Bruststrecke wechselte und dort den Weltrekord über 200 Meter hält. Er wurde als erster Chinese im Oktober 2023 vom Weltschwimmverband zum Schwimmer des Jahres gekürt. Bei den Frauen ist die 26jährige Zhang Yufei der Star. Sie wird die „Butterfly Queen“ genannt. Zhang hat ihre hehren Ziele für Paris bereits ausgegeben: drei Einzel- und vier Staffelmedaillen. Aber dürfen sie und die anderen Athleten nach dem Bericht über das Doping-Vergehen überhaupt bei den Olympischen Spielen in Paris starten? China hat den Bericht zunächst als „fake news“ (Außenamtssprecher Wang Wenbin) abgetan. Inzwischen hat China zugesagt, mit der Wada zu kooperieren. Die Wada wiederum kündigte an, eine unabhängige Kommission unter dem Schweizer Eric Cottier zu installieren. Ob er die Wahrheit an die Wasseroberfläche befördert?

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