Die Rolle der Kommunen in der deutschen China-Politik wird unterschätzt. Dabei findet die operative China-Politik eben dort statt. Denn in den Städten und Gemeinden werden wichtige Entscheidungen in Bildung, Kultur und Wirtschaft im Umgang mit China getroffen. Auf diesen bislang vernachlässigten Aspekt weist dankenswerterweise eine aktuelle Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) hin: „Kommunen – Kernstück Deutscher China-Politik.“ Die Autoren Andrea Frenzel (FU Berlin), Nadine Godehardt (Stiftung Wissenschaft und Politik, swp), Stefan Pantekoek (FES) und David Schulze (Ruhr-Uni Bochum) machen zunächst eine Bestandsaufnahme der deutsch-chinesischen Kommunalbeziehungen, die in den 80er Jahren begonnen haben. Danach bestehen in über 80 deutschen Kommunen Partnerschaften mit China. Besonders stark sind dabei die Flächenstaaten Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen vertreten. Bei ihrem Forschungsprojekt konzentrierten sich die vier Autoren aber auf drei Regionen: Düsseldorf/Duisburg, die niedersächsische Metropolregion und Mitteldeutschland (Sachsen/Thüringen). Dort führten sie über 80 Interviews. Diese hätten die zentrale Bedeutung der Kommunen für die deutsche China-Politik bestätigt. In den Gesprächen stellten sie eine Distanz zwischen der Berliner China-Politik und der kommunalen Umsetzung fest. Während auf Bundesebene eher die Risiken im China-Geschäft gesehen werden, sehen die kommunalen Akteure mehr die Chancen. Allerdings habe die Angst lokaler Akteure vor (medialer) Kritik an Kooperationen mit China deutlich zugenommen. Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass kommunale Abläufe, Probleme und Zielkonflikte mit anderen politischen Ebenen (Bund/Land) im Umgang mit China auf der Bundesebene oftmals nur unzureichend bekannt seien. Die kommunalen Vertreter erhoffen sich deshalb von der Bundesregierung ein Mehr an Unterstützung, Anleitung und Koordinierung, vor allem im Gegensatz zum gegenwärtigen bundespolitischen (»Berliner«) China-Diskurs, der aus Sicht vieler Befragten keine sichere Orientierung bietet. Im sechsten Kapitel werden Politikempfehlungen ausgesprochen. Zum Beispiel der Aufbau von interkommunalen Netzwerktreffen mit einem Fokus auf China; Schaffung eines zentralen „China Hubs“ auf Bundesebene mit dem Ziel eines deutschlandweiten Mappings chinesischer Aktivitäten auf kommunaler Ebene, sowie eine jährliche Open-Space-Konferenz zwischen Bund, Länder und Kommunen.
Info:
Die 41seitige Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung kann man hier herunterladen: