Bis vor ein paar Jahren war für viele Nicht-Ökonomen das Wort Lieferkette ein Fremdwort. Außer den Experten des Beschaffungswesens (auch Sourcing genannt) interessierte niemanden, woher Unternehmen ihre Vorprodukte und Rohstoffe beziehen. Doch dies hat sich infolge der zunehmenden geopolitischen Spannungen geändert. Vor allem die Politik mahnt die Unternehmen, sich beim Einkauf dieser Produkte nicht zu abhängig von einem Land oder einer Region zu machen, Und sie meinen damit vor allem China. Die Politiker fordern deshalb die Unternehmen zur Diversifizierung ihrer Bezugsquellen und anderer Maßnahmen auf. Folgen die Unternehmen der Politik? Das wollte die Bundesbank in einer Online-Befragung, die im dritten Quartal 2023 stattfand, herausfinden. Die Ergebnisse wurden im Dezember-Monatsbericht der Deutschen Bundesbank veröffentlicht (S. 67ff). Danach bezieht jedes zweite deutsche Unternehmen Produkte über internationale Lieferketten, in erster Linie aus der EU, aber schon an zweiter Stelle folgt China. Dies zeige – so die Bundesbank – die Bedeutung Chinas in den Lieferketten deutscher Unternehmen. Knapp 60 Prozent der Unternehmen haben seit 2021 Maßnahmen ergriffen, um die Zuverlässigkeit ihrer internationalen Lieferketten zu erhöhen, zum Beispiel durch Verbreiterung des Lieferantennetzwerks oder Ersatz bestehender durch neue Lieferanten. Als bemerkenswert notiert die Bundesbank, dass Unternehmen, für die China eine wichtige Rolle spielt, mehr Maßnahmen umsetzen als der Durchschnitt. Allerdings führt – und das ist ein weiteres Ergebnis der Bundesbank-Umfrage – die Neujustierung der Lieferketten zu Kostensteigerungen. 45 Prozent der Unternehmen rechnen mit steigenden Kosten, 20 Prozent beziffern sie auf mehr als fünf Prozent. Vor allem die Abkehr von China wird teuer.
Info:
Der Artikel ”Umstellungen von internationalen Lieferketten deutscher Unternehmen und Auswirkungen auf ihre Herstellungskosten“ erschien im Monatsbericht Dezember der Deutschen Bundesbank: