Viele Politiker in den USA, aber auch in der EU haben ein simples Weltbild: Sie sehen die Welt durch eine ideologische Brille. Für sie gibt es nur ein demokratisches und als Gegenüber ein autokratisches Lager. Oder anders ausgedrückt: Hier die USA und Europa, dort China und Russland. Die Erwartung im Westen ist, dass sich die anderen Länder in dieser Frage positionieren müssen: entweder für oder gegen den Westen. Aber die Bevölkerung der meisten Staaten will das nicht. Das ergab eine Umfrage des European Council on Foreign Relations (ECFR) und der Oxford University. Die wichtigste Erkenntnis aus dieser Umfrage in 21 Ländern: „People all over the world instead favors an à la carte arrangement, in which their governments can pragmatically choose their partners depending on the issues at stake.” Im Klartext: Viele Länder wollen sich weder an China noch an die EU oder die USA binden. Sie wollen flexibel bleiben. Das heißt zum Beispiel: Sicherheitspolitisch will man lieber mit den USA kooperieren, aber trotzdem wirtschaftlich mit China zusammenarbeiten. Viele nicht-westliche Staaten wollen sich auch nicht in einem Krieg positionieren, wie es der Westen immer wieder einfordert. So sind viele von ihnen für ein Ende des Ukraine-Krieges, auch wenn das Gebietsverluste für die Ukraine bedeutet. Auch in einem möglichen Konflikt zwischen China und den USA wegen Taiwan wollen sie nicht Partei ergreifen: „Very few people – even in Europe – would take Washington´s side in a war erupted between the US and China over Taiwan.“ Diese Umfrage sollte einigen Politikern auch in der deutschen Regierung zu denken geben, die da glauben mit einer werteorientierten Außenpolitik Staaten vor allem im globalen Süden auf ihre Seite zu ziehen.
Info:
Die Umfrage inklusive Interpretationen von Timothy Garton Ash, Ivan Krastev und Mark Leonard kann man hier lesen:https://ecfr.eu/publication/living-in-an-a-la-carte-world-what-european-policymakers-should-learn-from-global-public-opinion/