MEINUNGSMACHER I South China Morning Post wird 120 Jahre alt

Es gibt mehrere Wahrzeichen Hongkongs, die die turbulenten Zeiten der ehemaligen britischen Kronkolonie bis heute überlebt haben. Dazu gehört die Peak Tram, die Star Ferry – und The South China Morning Post. Sie erschien am 6. November 1903 zum ersten Mal. Sie kostete zehn Cent und auf der ersten Seite waren nur Anzeigen, was damals so üblich war. Das Motto des Blattes: „Tell the truth for the good of humanity”. Gründer waren der britische Journalist Alfred Cunningham und der Chinese Tse Tsan-tai, ein Reformer, der fast zum Revolutionär wurde. Die Zeitung, die in der Connaught Road startete, hatte aber von Anfang an finanzielle Probleme. Der erste Gewinn wurde erst 1913 erzielt. Dass das Blatt in den Anfangsjahren überlebte, ist vor allem Joseph Whittlesey Noble zu verdanken, einem amerikanischen Zahnarzt, der 1897 nach Hongkong gekommen und dort zu Reichtum gelangt war. Dass die South China Morning Post immer mehr an Renommee gewann – auch und gerade in der China-Berichterstattung – ist vor allem zwei Männern zu verdanken: Henry Ching und Ben Wylie. Ching, ein gebürtiger Australier, kam 1916 zur Post, wurde 1924 Editor und blieb dies die folgenden 33 Jahre. Wylie, ein Schotte, war in der Zeit General Manager. Beide waren in der japanischen Besatzungszeit, in der die Post nicht erschien, in Haft. Doch nach Japans Kapitulation war die Post sofort wieder da mit einer einseitigen Sonderausgabe: „Extra: Fleet Entering“. Gemeint war die britische Flotte. Mit dem Nachkriegsboom wuchs auch die Post. „A new era began“, schreibt der langjährige Post-Reporter Cliff Buddle in einer Story zum 120jährigen Geburtstag. Sie wurde nur kurz durch die 67er Unruhen unterbrochen, als sogar eine Bombe in der Redaktion landete. Wirtschaftlich erfolgreich war die 1973 erfolgte Einführung der Classified Post, die dem Blatt viele Anzeigen bescherte und an einem Tag im Jahr 1995 einen Rekordumfang von 205 Seiten hatte. Doch dann kam das Internet, das weltweit die Medienlandschaft veränderte. Die Post passte sich an, führte schon 2002 eine Paywall für seine Online-Ausgabe an und verfolgt die Strategie des digital-first.  Nach Jahren häufigen Besitzerwechsels (von HSBC über Rupert Murdoch zu Robert Kuok) ist die South China Morning Post seit Dezember 2018 inzwischen bei Jack Ma, de, Gründer des  chinesischen Online-Konzerns Alibaba. Unter dessen Führung erfolgte auch der Umzug in ein supermodernes Gebäude am Times Square in Causeway Bay. Rund 700 Mitarbeiter aus 30 Ländern arbeiten dort. Mehr als die Hälfte sind Frauen. Auch die Spitze ist aktuell weiblich besetzt: Chefredakteurin ist Tammy Tam und CEO ist Catherine So.

Info:

Der langjährige Chefredakteur Robin Hutcheon (1967-86) hat 1983 ein Buch über die South China Morning Post geschrieben: „SCMP – The First Eighty Years“, 174 Seiten. Es ist noch im Antiquariat erhältlich.

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