POLITIK I Wir müssen reden – die Rückkehr der Dialoge

Zufall oder nicht – in den vergangenen Tagen fanden zahlreiche Dialogrunden zwischen China und verschiedenen Nationen bzw. Organisationen statt. Fast alle dieser eigentlich regelmäßig stattfindenden Runden wurden schon vor Jahren installiert, wurden aber in den vergangenen Jahren aus verschiedensten Gründen unterbrochen, wobei Covid sicher der wichtigste war. In den Jahren der Absenz und Abstinenz haben sich die Fronten zwischen China und den Dialogpartnern verschärft. Insofern darf man auch nicht allzu viel von diesen Dialogforen erwarten. Es muss zuerst wieder Vertrauen aufgebaut werden, zumal die handelnden Personen oft nicht mehr dieselben sind. Viele Beobachter und Teilnehmer – und ich schließe mich diesem milden Urteil gerne an – werten es bereits als Erfolg, dass diese Gespräche überhaupt (wieder) stattfinden. Hier eine Übersicht über die Dialoge der vergangenen zwei Wochen in chronologischer Reihenfolge:

  • Am Freitag, den 17. Februar, wurde der Menschenrechtsdialog zwischen China und der EU wieder aufgenommen. Er wurde bereits 1997 gestartet und fand bis zum April 2019 zweimal jährlich statt. Dann fiel er den Sanktionen im Rahmen der Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang zum Opfer. Nun also das 38. Treffen unter Vorsitz von Paola Pampaloni (stellvertretende Direktorin Asien und Pazifik im EEAS/European External Action Service) und Sun Lei (stellvertretender Generaldirektor im chinesischen Außenministerium). Wie nicht zu anders erwarten war, gibt es nach wie vor große Differenzen bei der Definition der Menschenrechte. Immerhin legte die EU-Delegation eine lange Liste mit Namen der Personen vor, die ihrer Meinung nach unrechtmäßig inhaftiert wurden oder verschwunden sind.
  • Knapp eine Woche später, am 23. Februar, waren in Brüssel wieder Gäste aus China anwesend. Diesmal nicht bei der EU, sondern bei der NATO. Es war die siebte Gesprächsrunde seit dem Jahr 2010, als diese Gespräche zwischen den Militärs initiiert wurden. Auf NATO-Seite nahmen die Generale Janusz Adamczak und Francesco Diella teil, auf chinesischer Seite General Yao Qin. Adamcazak ließ nach dem Gespräch mitteilen: „Our new Strategic Concept makes clear that China’s stated ambitions and coercive policies challenge our interests, security and values, but that we remain open to constructive engagement, including to build reciprocal transparency, with a view to safeguarding the Alliance´s security interests.”
  • Vier Jahre lang gab es keinen sicherheitspolitischen Dialog mehr zwischen China und Japan. Am 22. Februar trafen sich in Tokio im dortigen Außenministerium die Vertreter Japans und Chinas, um über militärstrategische Themen zu diskutieren. Davon gibt es viele: die zwischen beiden Nationen ungelöste Inselfrage im Ostchinesischen Meer, den Konflikt um Taiwan und Japans Aufrüstung. Immerhin: Die beiden Vizeaußenminister Shigeo Yamada und Sun Weidong vereinbarten, im Frühjahr eine direkte Kommunikationslinie zwischen den beiden Ministerien einzurichten.
  • Ebenfalls am 22. Februar fanden Gespräche zwischen China und Indien statt. Die beiden asiatischen Großmächte liegen ja seit Jahrzehnten im Clinch. Nach wie vor ungelöst ist die Frage des Grenzverlaufs im unwirtlichen Himalaya-Gebirge, wo es deshalb immer wieder zu Scharmützeln kommt. Diese Gespräche über den umstrittenen Grenzverlauf haben den Bandwurmnamen “Working Mechanism for Consultation and Coordination (WMCC) on China-India Border Affairs”. Die letzten Gespräche fanden im Juli 2019 statt.
  • Das indische Außenministerium ließ nach den Gesprächen  – es waren die 26. seit der Installierung dieses Dialogs – verlautbaren: “The two sides reviewed the situation along the Line of Actual Control (LAC) in the Western Sector of India-China border areas and discussed proposals for disengagement in the remaining areas in an open and constructive manner, which would help in restoration of peace and tranquility along the LAC in Western Sector and create conditions for restoration of normalcy in bilateral relations.” Zudem will man sich bald wieder zusammensetzen. Gut so. Wer miteinander redet, schießt nicht. Meistens zumindest.

Info:

Hier die EEAS-Pressemitteilung zum Menschenrechtsdialog mit China: EU: https://www.eeas.europa.eu/eeas/china-38th-human-rights-dialogue-european-union-takes-place-brussels_en

Hier die Pressemitteilung der NATO nach dem Treffen mit den chinesischen Militärs: https://www.nato.int/cps/en/natohq/news_212296.htm

Hier das Readout des japanischen Außenministeriums über den Sicherheitsdialog mit Japan: https://www.mofa.go.jp/press/release/press1e_000381.html

Hier die Pressemitteilung des indischen Außenministeriums nach den Gesprächen mit China: https://mea.gov.in/press-releases.htm?dtl/36280/26th_Meeting_of_the_Working_Mechanism_for_Consultation__Coordination_on_IndiaChina_Border_Affairs

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