WER MACHT WAS? Deutschland, deine Sinologen (21). Heute: Humboldt-Universität zu Berlin.

In Deutschland gibt es an vielen Universitäten, aber auch an einigen Fachhochschulen die Möglichkeit Sinologie oder sogenannte Kombi-Studiengänge – meist mit Wirtschaft – zu studieren. Die Unis haben dabei unterschiedliche Schwerpunkte. Manche lehren vorwiegend das moderne China, manche eher das alte China, die meisten beides. In dieser Serie werde ich die sinologischen Abteilungen an den deutschsprachigen Universitäten und ihre Geschichte, ihre Schwerpunkte und ihre Lehrenden vorstellen. Heute ist die Humboldt-Universität zu Berlin dran.

Die Geschichte: Die Sinologie – oder besser: das Lehren der chinesischen Sprache – hat an der vor über 200 Jahre gegründeten Berliner Universität – so hieß der Vorläufer der Humboldt-Uni – eine lange Tradition. Schon in den 1830er Jahren unterrichteten an der philosophischen Fakultät Wilhelm Schott und Heyman Steinthal. 1887 wurde dann das Seminar für orientalische Sprachen gegründet. Erster Lehrender dort war der legendäre Carl Arendt, der zuvor Dolmetscher an der Deutschen Gesandtschaft in Peking war. Große Namen zieren in den Folgejahrzehnten die Ahnengalerie der Sinologen an der Berliner Universität: Wilhelm Grube, J. J. M. de Groot, Otto Franke, Erich Haenisch, Walter Simon und Erich Hauer. Nach 1949 wurde die Berliner Universität in Humboldt Universität zu Berlin umbenannt. Zu DDR-Zeiten wurde wieder viel Wert auf die traditionelle Dolmetscherausbildung gelegt. Nach der Wende 1989 stand die Existenz der Sinologie an der HU immer mal wieder in Frage: Braucht man in einer Stadt zwei China-Wissenschaften – an der FU und HU? Doch die Sinologie an der HU konnte sich stets behaupten, auch unter dem lange lehrenden Florian C. Reiter, der eher ein Anhänger des klassischen Chinesisch war. Nach seinem Abgang 2013 fand eine Neuausrichtung der Sinologie statt und zwar Richtung Modernes China. Außerdem wird der transregionale Ansatz noch stärker betont. Das Seminar für Ostasienstudien ist Teil des Instituts für Asien- und Afrikawissenschaften (IAAW).

Die Lehrenden: Die strategische Neuausrichtung ging einher mit der Neubesetzung der Lehrstühle. Henning Klöter übernshm 2015 die Reiter-Professur. Sarah Eaton besetzte 2019 den neu geschaffenen zweiten Lehrstuhl, weil eine japanische Professur umgewidmet wurde. Klöter studierte einst in Trier, promovierte in Leiden und habilitierte in Bochum. Er lernte und lehrte auch mehrere Jahre in Taiwan, so dass Taiwan Studies neben Chinesischen Sprachen und Literaturen seine Schwerpunkte sind. Die Kanadierin Eaton ist Professorin für Transregional China Studies. Ihr Schwerpunkt ist die politische Ökonomie Chinas und dabei insbesondere Digitalisierung, Standardisierung und Nachhaltigkeit. Eaton, die vorher u.a. auch in Oxford und Göttingen gelehrt hatte, initiierte auch das Berlin Contemporary China Network mit – ein Netzwerk von Wissenschaftlern des modernen China an den drei Berliner Unis FU, HU und TU sowie zwei Max-Planck-Instituten.

Das Studium: Es gibt an der HU keinen expliziten Studiengang Sinologie oder China-Studien. „Wir haben zwar sehr viele Veranstaltungen mit China-Bezug, aber am Ende steht nicht China drauf, sondern Bachelor oder Master Regionalstudien Asien/Afrika“, erläutert Klöter. Vorteil dieses Studiums ist seine Flexibilität. Klöter sagt: „Wer will, kann das ganze Studium mit einem chinawissenschaftlichen Schwerpunkt bestreiten, er kann aber auch themenorientiert studieren, zum Beispiel Urbanisierung mit Schwerpunkt China.“ Es gibt sowohl einen Mono- als auch einen Zweitfach-Bachelor. Die meisten Studierenden wählen den ersten. Klassisches Chinesisch ist nicht mehr Bestandteil des Lehrplans, kann aber – wenn gewünscht – parallel an der FU gelernt werden. Ein Auslandsaufenthalt ist nicht vorgeschrieben. Neben dem erst 2021 eingeführten Master Asien-/Afrikastudien wird noch ein Master in Global Studies angeboten. Klöter sieht einen Standortvorteil Berlins, weil man hier das Studium mit berufsorientierten Praktika vor Ort in der Politik, bei Stiftungen oder NGOs verbinden kann. Außerdem habe die HU noch einen weiteren Vorteil: Sie ist mitten in Berlin, was viele Studierende attraktiv finden. So ist das Seminar für Ostasienstudien in einer Straße untergebracht, die von der Friedrichstraße abgeht.

Info:

Die Seite des Seminars für Ostasienstudien ist hier: https://www.iaaw.hu-berlin.de/de/region/ostasien

Und hier die Homepage des Berlin Contemporary China Network: https://berlincontemporarychinanetwork.org/

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