KONFERENZ I Berlin

In diesen Tagen gilt es ja, 50 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China zu feiern. Doch zum Feiern ist im politischen Berlin niemand zumute. Deshalb müssen andere Akteure in die Bresche springen, um an dieses Event zu erinnern. Am 10. und 11. November taten das drei Hochschulen: die FU Berlin, die Uni Duisburg-Essen und die Peking Universität (Beida). In Berlin luden sie zu einem zweitägigen Workshop ein, der vor Ort von Mechthild Leutner und online von Nele Noesselt souverän moderiert wurde. Über 30 Wissenschaftler aus China und Deutschland hielten Vorträge über die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen. Es ist in diesem Rahmen unmöglich, auf alle einzugehen. Deshalb will ich nur ein paar wenige herauspicken. Michael Staack (Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg) sprach von einem Ende der Sonderbeziehungen zwischen beiden Ländern. Drei Faktoren hätten zu diesem Ende beigetragen: Erstens habe sich China verändert; zweitens habe die sino-amerikanische System- und Machtkonkurrenz auch Auswirkungen auf das deutsch-chinesische Verhältnis; und drittens sei diese Sonderbeziehung nie in Politik und Gesellschaft verankert gewesen, sondern stets ein Eliteprojekt gewesen. Für Markus Taube (Universität Duisburg-Essen) war Deutschland einer der größten Gewinner der Re-Integration Chinas in die Weltwirtschaft. Er sieht die deutsch-chinesischen. Wirtschaftsbeziehungen auf dem Weg in ein prekäres Gleichgewicht. William Kirby (Harvard) zeigte sich optimistisch, dass Deutschland und China auch künftig trotz aller Schwierigkeiten weiter zusammenarbeiten werden. Er warnte vor einer Isolierung Chinas. Das mache das Land nur gefährlicher. Lian Yuru (Beida) analysierte die Zeitenwende aus chinesischer Sicht. Die Zeitenwende habe nicht erst mit der Scholz-Rede am 27. Februar begonnen, sondern schon früher mit dem Antritt der neuen Koalition. Diese führe eine werteorientierte Außenpolitik primär gegen China. Sie folge treu der Biden-Politik. Dies habe das deutsch-chinesische. Verhältnis negativ beeinflusst. Thomas Heberer referierte über die Städtepartnerschaften, die „kleine Diplomatie“, wie er es nannte. Sie würden die bilateralen Beziehungen ergänzen, aber auch erleichtern. Er plädierte dafür, diese nicht von der politischen Großwetterlage abhängig zu machen. Margot Schüller (GIGA, Hamburg) beschrieb die deutsch-chinesische Wissenschaftskooperation der vergangenen Jahrzehnte. Sie teilte diese in drei Phasen ein: Von 1972-1997 gab es eine deutliche Asymmetrie. China lernte in dem Zeitraum vom Westen. Von 1998-2012 wurde China als Kooperationspartner, aber auch schon als Wettbewerber gesehen. Nach 2012 wurde dann das zur Technologiemacht aufsteigende China als systemischer Rivale angesehen.

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