WIRTSCHAFT I Der etwas andere Aldi

Wer Aldi aus Deutschland kennt, ist etwas verwirrt:  Das soll Aldi sein?! Gleich hinterm Eingang ein Gemüse- und Obststand. Die Waren werden in edel wirkenden Holzregalen präsentiert. Stylische Lampen hängen von der Decke. In der einen Ecke ist ein „Dine-in-Counter“, wo es diverse Mahlzeiten gibt; in der anderen Ecke werden wie beim Bäcker Brot- und Backwaren angeboten. Dieser schmucke Aldi-Laden steht nicht in Deutschland, sondern in Shanghai.

Seit Juni 2019 ist Aldi mit diesem neuen Ladenkonzept in der 25-Millionen-Metropole vertreten. Anfang September wurden gerade zwei neue Filialen eröffnet. Es waren die Nummer 28 und 29. Weitere sollen folgen. Aldi-China-Chef Roman Rasinger spricht von einer dreistelligen Zahl allein in Shanghai. Außerdem habe man auch andere Städte im Jangtse-Delta im Visier, kündigte der Österreicher kürzlich im Handelsblatt an. Aldi China hängt organisatorisch an Aldi Süd. Dazu muss man wissen, dass es zwei Unternehmen gibt – Aldi Süd und Aldi Nord. Die einen residieren in Essen, die anderen in Mülheim/Ruhr. Logo und Läden sind verschieden. Generell gilt: Aldi Süd ist moderner. So wie sie Deutschland in Nord und Süd aufgeteilt haben, haben sie auch die Welt aufgeteilt. Es ist genau festgelegt, wer welche Auslandsmärkte bedienen darf. So ist Aldi Süd in Österreich, Großbritannien, den USA, Australien und seit Juli 2017 in China. Das war ein mutiger Schritt, denn damals – so schien es – war der Markt schon besetzt und verteilt. Die Chinesen hatten bis dato eigene Supermarkt-Ketten aufgebaut, die, wie Hema zum Beispiel, state-of-the-art waren. Auch ausländische Händler wie Carrefour, Metro, Tesco und WalMart waren schon längst da, hatten aber zum Teil Probleme, weil sie viel zu schnell expandierten.

Aldi wählte hingegen einen vorsichtigen Markteintritt. Die Waren wurden erst mal online verkauft, und zwar über TMall Global, den Online-Shop von Alibaba. Später dann auch über einen WeChat Minishop und die beiden Essenslieferanten Meituan und Ele.me. So machte Aldi die chinesischen Verbraucher mit dem noch unbekannten Namen Aldi und dessen Philosophie vertraut. Und noch einen Vorteil hatte dieser Online-First-Auftritt: „Über den Online-Handel haben wir das Kaufverhalten unserer chinesischen Kunden besser kennengelernt“, sagte der erste Aldi-China-Chef Christoph Schwaiger.

Mit diesem Wissen startetet Aldi China im Juni 2019 mit den beiden ersten Shops in der trendigen JingAn-Gegend in Shanghai. Von Anfang an wurde das „Scan and Go“ eingeführt: Kunden scannen die Waren während des Einkaufs und bezahlen am Schluss an der Kasse per Handy. Anders als hierzulande präsentiert sich Aldi in China als höherwertiger Händler und nicht als Discounter. Gleichwohl liegen die Preise zum Teil 15-20 Prozent günstiger als die der Konkurrenz, weil Aldi auch in China auf Eigenmarken setzt. Über 90 Prozent des Sortiments von rund 1300 Produkten sind Eigenmarken. Eingekauft wird in China, aber auch viel in Australien und Neuseeland. Eiskrem, Milch- und Fleischprodukte kommen zum Beispiel von dort. Natürlich gibt es auch das eine oder andere deutsche Produkt, denn seine deutsche Herkunft verbirgt Aldi nicht, schließlich hat Made in Germany nach wie vor einen guten Ruf. So gibt es im „Dine-in-Counter“ auch Schweinshaxe mit Bratkartoffeln.

Info:

Auf der Homepage von Aldi China bekommt man ein paar Eindrücke von Ladendesign und Sortiment: https://www.aldi.cn/aldi/home/en/index.html

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